Noting                                        Bischof von Vercelli (830-840)
----------                                      Bischof von Verona (840-844)
   
12.8. oder 21.11.859             Bischof von Brescia (844-858/63)

Sohn des Grafen Erlafrid in Alemannien ( nach 832)

Lexikon des Mittelalters:
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Hirsau
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Abtei OSB und Zentrum monastischer Reform, im nordöstlichen Schwarzwald, an der Nagold (Baden-Württemberg, Landkreis Calw).
Eine erste Gründung mit Reliquien eines hl. Aurelius (cella s. Aurelii) erfolgte als adliges Eigenkloster 830 durch Bischof Noting von Vercelli und Erlafried (wohl Vorfahren der späteren Grafen von Calw), verfiel aber bis zum Ende des 10. Jahrhunderts wieder.
U. Nothhelfer


Schmid Karl: Seite 32-37,46,52
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"Kloster Hirsau und sein Stifter"

Dieser Noting war eine stark politisch profilierte Persönlichkeit, ein geistlicher Würdenträger, der bei den Herrschern etwas galt. In Königsdiensten tritt der Brescianer Bischof besonders seit der Kaiserkrönung LUDWIGS II. im Jahre 850 hervor, bei der er in Rom selbst zugegen war. Jedoch zeigt sich seine Stellung und Einschätzung am Hofe noch besonders darin, dass er mit den damals in Italien einflußreichsten weltlichen Großen zusammenwirkte. So ließ der Kaiser im Jahre 853 Noting und den Grafen Adelgis von Parma in Ravenna zurück, um den flüchtigen Kardinal-Priester Anastasius bibliothecarius, der am 29. Mai in Ravenna und am 19. Juni in Rom exkommuniziert wurde, dem Papste vorführen. Dann erschien der Bischof von Brescia im März 855 zusammen mit dem Grafen Bernhard von Verona in Aibling in Ober-Bayern, wo er bei der Schlichtung eines zwischen den Bischöfen von Freising und Trient ausgebrochenen Besitzstreites als kaiserlicher Missus tätig war. Und in Begleitung Eberhards von Friaul war Noting im Auftrag LUDWIGS II. nach Ulm zu einem Hoftag König Ludwigs des Deutschen gekommen, auf dem im Februar 855 die Italien-Beziehungen des Klosters Rheinau im Hochrhein zu klären waren. Eberhard von Friaul aber, dem hervorragendsten der Begleiter des Bischofs in Königsdiensten, stand Noting in besonderer Weise nahe. Aus Notings Hand empfing der berühmte Markgraf die Reliquien des Märtyrer-Papstes Calixtus, die er im Jahre 854 in einem festlichen Zuge von Brescia nach Flandern in sein Eigen-Kloster Cysoing brachte. Der Verzicht Notings auf die Calixtus-Reliquien aber ist umso höher zu bewerten, als er sie von Papst Sergius II. für eine Klostergründung auf seinem Eigengut in Brescia persönlich erbeten und empfangen hatte.
Wer aber jener Bischof Noting von Verona, der zusammen mit Eberhard von Friaul in einer am 22. August in Gondreville ausgestellten Urkunde LOTHARS I. für Aquileja als Petent genannt wird, also beim Abschluß des Vertrages von Verdun in der Umgebung LOTHARS I. geweilt hat?
Das erste Zeugnis, das wir von ihm besitzen, sagt aus, dass Noting eine Reise an den Hof Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN gemacht hat, eine Reise, die ohne Zweifel mit der Ablösung Ratolds in Verona zusammenhing. Zwar ist über dieses Zusammentreffen mit dem Kaiser Näheres nicht bekannt; jedoch geht man sicher nicht fehl in der Annahme, dass Noting die Zustimmung LUDWIGS DES FROMMEN und damit auch Ratolds gefunden hat. Ja, man möchte sogar annehmen, Noting habe auf Vorschlag Ratolds und LUDWIGS DES FROMMEN, mit Billigung LOTHARS das Bischofsamt in Verona übernommen.
Wie viele Adlige hohen und niederen Ranges, so hat auch der junge Kleriker Noting in der Regierungszeit LUDWIGS DES FROMMEN den Weg nach Italien gefunden. Mehrere Anzeichen sprechen für die Vermutung, Bischof Ratold von Verona habe ihm die Wege jenseits der Alpen geebnet. Als Bischof von Vercelli gab Noting seiner engen Bindung an die Heimat durch die Translation des heiligen Aurelius nach Hirsau sichtbaren Ausdruck. Andererseits wurzelte er in Ober-Italien offenbar rasch ein. Der "pons Notingus" am Po, ein Eigenkloster auf seinem Eigengut in Brescia und ein im Fluß Mincio beim Gardasee errichtetes Befestigungswerk können davon zeugen. Ja sogar Notings Angehörige scheinen sich teilweise im "Land der neuen Möglichkeiten" seßhaft gemacht zu haben. Schon diese wenigen Anhaltspunkte lassen erkennen, dass der Kirchenfürst wohl zu schätzen wußte, was eine konkrete Besitz- und Stützpunktstellung bedeutete. Wenn wir sehen, wie Noting in stetem Aufstieg nacheinander drei Bischofsstühle eingenommen hat, dann können wir erahnen, wie tatkräftig, ja in gewissem Sinne "unstet" sein Wirken wohl gewesen ist. Dies wird besonders deutlich im erneuten Reliquienerwerb bald nach dem Vertrag von Verdun - diesmal für sein italienisches Eigenkloster in Brescia. Doch Noting scheute nicht davor zurück, seinen wertvollen Reliquienschatz wenige Jahre später wieder zu veräußern und so ein eigenes Aufbauwerk in Frage zu stellen. Es war also das Wirken eines vornehmlich politisch orientierten Bischofs, der zur Klärung von theologischen und kirchenrechtlichen Angelegenheiten die einflußreichen Theologen selbst mobilisierte, dessen Tätigkeitsfeld fast ganz Ober-Italien werden sollte. Wenn nicht alles trügt, war es im Grunde nicht so sehr ein Bischofssitz, von dem her und auf den hin Noting seine Kräfte sammelte, ging er doch von Vercelli über Verona nach Brescia. Vielmehr dürfte sein Streben der Festigung seiner eigenen persönlichen Stellung im Reich und am Hof gegolten haben. In diesem Zusammenhang scheint die Königsabtei Cella aurea in der Königsstadt Pavia, wo der Bischof die letzte Ruhe finden sollte, eine zentralere Rolle als selbst die verschiedenen Bischofssitze gespielt zu haben. Der Rang seiner Wirkungsorte (Pavia, Vercelli, Verona, Brescia und der Rang der Persönlichkeiten, mit denen Noting Freundschaft oder doch Umgang pflegte (Bischof Ratold, Abt Hraban, Graf Adelgis, Graf Bernars, Eberhard von Friaul) kennzeichnen seinen eigenen Rang am besten. Eine Beurteilung dieses geistlichen Würdenträgers aber ist nicht möglich, wollte man nicht auf seine Stellung zu den Herrschern das Hauptaugenmark legen. Unter LUDWIG DEM FROMMEN Bischof geworden, wurde Noting im letzten Regierungsjahr des alten Kaisers zum Nachfolger Ratolds ausersehen. Und nachdem er auf LOTHARS Seite bei den Vertragsverhandlungen von Verdun teilgenommen hatte, erlangte er zur Zeit der Königskrönung LUDWIGS II. in Rom (844) den Stuhl von Brescia und wuchs nach dessen Kaiserkrönung im Jahre 850 in eine ausgesprochen "kaisernahe" Stellung hinein, indem er zu wichtigen Aufträgen und Gesandtschaften herangezogen wurde. Man sieht: Noting hatte sich ergeben in den Dienst des jeweiligen Herrschers gestellt. Nicht leidenschaftlich oder gar ränkesuchend, sondern klug und diplomatisch verstand er es, seinen Einfluß bei Hofe zu erhalten, ja stetig zu steigern.

Bühler Heinz: Seite 719,722
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"Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben"

Gerold der Jüngere ( 799), Immas Sohn, stellte in Nagold 786 eine Urkunde für St. Gallen aus, mit welcher er diesem Kloster seinen Besitz in 15 Ortschaften der "Pirihtilinbaar" um den oberen Neckar übertrug. Ein naher Verwandter namens Erlafried, wohl gleichfalls ein Vetter Immas, schenkte 769 ebenfalls in Gültstein. Er ist wohl der Großvater jenes jüngeren "Grafen" Erlafried, der 830 mit seinem Sohn Noting, Bischof von Vercelli, das St. Aurelius-Kloster in Hirsau stiftete. Erlafried gab dazu Gut in Hirsau, Stammheim, Deckenpfronn, Gültstein (12 Huben), Maichingen, Döffingen, Münklingen, wohl auch in Merklingen, sowie eine Anzahl Weiler im Nagoldtal. Sein Sohn Noting aber schenkte dem Kloster Reichenau Gut in Hirsau, Stammheim, Gechingen, Möttlingen und anderen Orten, darunter solche, in denen auch Gerold der Jüngere begütert war.
Das Bild wäre unvollständig, würden wir nicht auch den Zweig des alemannischen Herzogs-Hauses weiterverfolgen, dem die ERLAFRIEDE angehörten. Dieser Zweig müßte unseres Erachtens von einem Bruder oder einer Schwester des Herzogs Nebi (720-724) ausgehen. Zwar läßt sich keine Filiationsreihe von den bekannten Gliedern des 8. und 9. Jahrhunderts zu deren Rechtsnachfolgern erstellen. Doch werden Erlafried der Jüngere, der Gründer der Aureliuszelle in Hirsau 830, und sein Sohn Bischof Noting als "parentes" des Grafen Adalbert II. von Calw bezwichnet, der 1059 mit der Wiederherstellung des verfallenen und entfremdeten Aurelius-Kloster begann. "Parentes" meint die Vorfahren allgemein, und zwar hier wohl in cognatischem Sinn.
Zu den Nachkommen der Herzogs-Sippe, speziell des Zweiges der ERALFRIEDE, gehören gewiß auch die Nagold-Grafen, die in den älteren Generationen den Namen Anshelm bevorzugten und sich seit 1078/81 nach ihrem Sitz Tübingen benannten. Als Grafen sind sie die  Rechtsnachfolger der GEROLDE und mindestens seit 966, wenn nicht schon 911, nachweisbar. Karl Schmid hat anhand von Verbrüderungseinträgen nachgeweisen, daß sie einerseits mit den ERLAFRIEDEN, andererseits mit den Grafen von Calw verbunden sind (Adalbert-Anshelm-Sippe).

Rappmann Roland/Zettler, Alfons: Seite 405-408
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"Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Archäologie und Geschichte. Freiburger Forschungen zum erstern Jahrtausend in Südwestdeutschland"

NOTING VON NOVARA ODER KONSTANZ

Necr. B 12.8."Noting eps.", Bischof von Novara 869-879, 12.8.880 oder später; oder Bischof von Konstanz 919-934, 12.8.934

Bischof Noting muß vor 958 gestorben sein, da sein Reichenauer Necrolgeintrag von der Schreiberhand C stammt. Eine nähere Bestimmung ist bisher nicht gelungen, denn im 9. und 10. Jahrhundert begegnen mindestens drei Bischöfe dieses Namens.
1. Noting von Vercelli, ca. 830/40, vgl. SAVIO, Vescovi I Seite 443 und SCHMID, Kloster Hirsau Seite 35. Er ist nach neueren Forschungen SCHMIDS identisch mit Noting von Verona (840-844), der anschließend Bischof von Brescia wurde (844-858/63). Diese Identität der Bischöfe von Verona und Brescia ist heute allgemein anerkannt, vgl. etwa PÖSCHL, Der 'vocatus Episcopus' Seite 9, JAKOBS, Die Hirsauer Seite 5 Anm. 8 und FISCHER, Königtum Seite 64. Lediglich die Gleichsetzung Notings von Vercelli mit Noting von Verona/Brescia, die zuerst von HUNDT, Die Urkunden Seite 64f. und dann vor allem von SCHMID, Kloster Hirsau Seite 34ff. vertreten wurde, rief Bedenken bei PÖSCHL, Der 'vocatus episcopus' Seite 27f.Anm. 1, KOOTTJE, Rez. Seite 177f., Seite 382f. und JAKOBS, Die Hirsauer Seite 5 Anm. 8 hervor; vgl. auch FISCHER, Königtum Seite 64 Anm. 34ff.
2. Noting von Novara (869-19.10.879); vgl. HLAWITSCHKA, Die Diptychen Seite 774 und Seite 777f. sowie PICARD, Le souvenir des evesques Seite 743, der als Amtszeiten "...877-879 ..." angibt.
3. Noting von Konstanz (919-934); vgl. RCE 1 342ff.


 


Literatur:
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Bühler Heinz: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben Anton H. Konrad Verlag 1997 Seite 719,722 - Jakobs Hermann: Der Adel in der Klosterreform von St. Blasien Böhlau Verlag Köln Graz 1968 Seite 24 - Rappmann Roland/Zettler, Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Archäologie und Geschichte. Freiburger Forschungen zum erstern Jahrtausend in Südwestdeutschland Band 5, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 144,405-408 - Schmied Karl: Kloster Hirsau und seine Stifter Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band IX Freiburg im Breisgau 1959 Seite 32-37,46, 52 -