Erlafrid                                        Graf in Alemannien 830/32
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nach 832

Begraben: Hirsau

Sohn des Grafen N.N. aus dem Hause der ERLAFRIDE
Nach H. Bühler Enkel von Graf Erlafrid in Alemannien (
769)

Lexikon des Mittelalters:
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Hirsau
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Abtei OSB und Zentrum monastischer Reform, im nordöstlichen Schwarzwald, an der Nagold (Baden-Württemberg, Landkreis Calw).
Eine erste Gründung mit Reliquien eines hl. Aurelius (cella s. Aurelii) erfolgte als adliges Eigenkloster 830 durch Bischof Noting von Vercelli und Erlafried (wohl Vorfahren der späteren Grafen von Calw), verfiel aber bis zum Ende des 10. Jahrhunderts wieder.
U. Nothhelfer


Borgolte Michael: Seite 114-115
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"Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie" 

ERLAFRID
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belegt als Graf 830/32)

Belege mit comes-Titel:
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Codex Hirsaugiensis 7 (= Historia Hirsau-giensis Monasterii 255 Z. 1; Vita s. Aureili 141), 25 (= Historia Hirsaugiensis Monasterii 264), 49, BACH, Grabdenkmale 119f.

Belege ohne comes-Titel:
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D HIV Nr. 280, Bertholdi Annales 281 ad a. 1075, IRTENKAUF, Ein bursfeldisches Kalendar 259, WEIZÄCKER, Studien 212 A. 1, ? Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau 73D2-3, 100B1, 127A2, Codice Necrologico-Liturgico Brescia 9

Literatur:
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LUTZ, Hirsau 65-72 - METTLER, Forschungen 189-192 - GREINER, Neue Studien 21-24 - BRACKMANN, Hirsau 273f. - GREINER, Hirsau 9 - JÄNICHEN, Baar und Huntari 97, Tafel: "Die Grafen der Baaren" im Anhang - SCHMID, Kloster Hirsau, passim - SCHREINER, Hirsau 281 f.

Über die erste Gründung des Klosters Hirsau (Karte bei BORGOLTE, Kommentar. L3) liegen zwei voneinander abweichende Darstellungen im Codex Hirsaugiensis vor; diese Quelle wurde in der heute vorliegenden Form im 16. Jahrhundert überwiegend nach Vorlage(n) aus dem Hochmittelalter zusammengestellt.
Nach der einen Version hat quidam religiosus comes nomine Erlefridus, der in partibus Alemannie provincie lebte, die Abtei zur Zeit LUDWIGS DES FROMMEN in predio suo in loco scilicet ameno, qui Hirsaugia nuncupatur, errichtet (Codex Hirsaugiensis 25). Zur Ausstattung der Mönchsgemeinschaft gehörten unter anderem 12 Hufen in Gültstein (Karte bei BORGOLTE, Kommentar: M 5), deren Tradition durch den Grafen Erlefridus in dem zitierten Gründungsbericht und im hirsauischen Güterverzeichnis erwähnt wird (ebd. 49).
In der anderen Fassung tritt Erlefrid ganz zurück:
Anno dominice incarnationis octingentesimo tricesimo, anno autem Ludovici Pii, imperatoris Karoli Magni filii, decimo septimo corpus sancti Aurelii episcopi et confessoris de Italia translatum est et Hirsaugia primum fundata. Nothingus namque, Erlafridi comitis filius, Vercellensi catbedra sublimatus, tribuente Mediolanensi archiepiscopo venerandi confessoris ossa (...) civibus ignorantibus accepit ac paterno fundo, ubi postmodum Hirsaugia fundata est, invexit, ubi tunc eiusdem comitis domus saltus fuit (ebd. 7). Noting, der Bischof von Vercelli, soll also im Jahr 830 Reliquien des hl. Aurelius von Mailand auf das Gut seines Vaters, des Grafen Erlafrid, überführt haben, wo dann das Kloster gegründet wurde. Diese Schilderung findet, was Noting angeht, in Translationsberichten ihre Bestätigung, die verschiedenen Fassungen der Vita s. Aurelii angeschlossen sind; allerdings wird Erlafrid hier nicht erwähnt. Daraus darf aber zweifellos nicht geschlossen werden, der Graf Erlafrid habe in der Zeit LUDWIGS DES FROMMEN gar nicht existiert; vielmehr muß man vermuten, dass Noting und Erlafrid Anteile an der Gründung hatten, die freilich in unterschiedlicher Weise wiedergegeben wurden (SCHMID besonders 57f. gegen GREINER, Neue Studien, METTLER, LUTZ besonders 70). Bekräftigt wird diese Sicht durch D HIV Nr. 280, das berühmte "Hirsauer Formular" von 1075, das nach MAYER (Fürsten und Staat 50-62) als echt in allen Teilen gilt. Über die Frühgeschichte Hirsaus erfährt man aus der Narratio des Diploms:
(Monasterium Hirsaugiense) tempore Lvdowici pii regis in honore sancti Petri et sancti Avrelii episcopi constructum honorifice et deo dicatum est ab Erlefrido quodam nobili senatore (!) et religloso et a Notingo filio eius reverentissimo Uercellensi episcopo aliisque parentibus Adalberti comitis de castello Chalawa (...).
Das Jahr der Erstgründung, das im Codex Hirsaugiensis mit 830 angegeben ist, findet sich auch beim Annalista Saxo (Seite 574); ohne die Namen der Gründer wurden dagegen die Translation des hl. Aurelius in Germaniam und die fundatio des Klosters in einigen Handschriften der Annalen Lamperts zu 832 vermerkt (Lamperti Annales 22,24). Von den übrigen Quellen abweichend setzen die Bertholdi Annales (281) die Errichtung des Klosters Hirsau durch Erlafrid in die Zeit des König Pippin; dass dies nicht richtig sein kann, hat SCHMID (28) durch eine Analyse des Gründungsvorgangs überzeugend dargetan. In der Hirsauer Überlieferung erscheint Erlafrid noch im Spätmittelalter als fundator monasterii sancti Aurelii (IRTENKAUF).
SCHMID konnte in den Gedenkbüchern von Reichenau und St. Giulia in Brescia einige Einträge mit den Namen Erlafrid und Noting nachweisen, die teilweise ins 9. Jahrhundert datiert werden müssen (besonders 21f., 8off.,102ff.,131ff.). Ohne Zweifel ist es dabei gelungen, die Verwandten der Gründer Hirsaus zu ermitteln. Allerdings kann der eine oder andere Beleg des Namens Erlefrid, Erlafrid etc. wohl nicht mit Sicherheit auf den Grafen bezogen werden. Die 50 Namen umfassende Liste auf pag. 73 des Reichenauer Verbrüderungsbuches (D1-4) enthält zum Beispiel drei Erlefride; ob einer und gegebenenfalls welcher von ihnen mit Erlafrid identisch war, läßt sich nicht feststellen (vgl. ferner 100B1 und 127A2; Codice Necrologico-Liturgico Brescia 9).
In den Gedenkbucheinträgen ist dem Namen Erlefrid in keinem Falle der Titel comes beigeschrieben worden. Daraus muß man nicht ableiten, Erlafrid habe den Grafentitel nicht geführt und wohl auch die entsprechende Stellung nicht innegehabt; einem solchen Schluß stünden die - freilich späten - Berichte des Codex Hirsaugiensis entgegen. Allerdings war Erlafrid nicht Graf von Calw, wie einige spätere Quellen (BACH 119, Vgl. WEIZÄCKER) und danach zahlreiche Forscher behauptet haben (so mit Recht SCHMID 90 ff., zum Beispiel gegen BRACKMANN). Es handelt sich dabei um Extrapolationen von Verhältnissen des 11. Jahrhunderts in die KAROLINGER-Zeit. Unbestreitbar ist aber, dass Erlafrid zu den Vorfahren des Neugründers von Hirsau, Graf Adalbert von Calw, gehörte (siehe Zitat aus D HIV Nr. 280 oben Seite 114). Die merkwürdige Bezeichnung senator in D HIV Nr. 280 und danach in den Annalen Bertholds konnte bisher nicht gedeutet werden.
Ob Erlafrid der Herkunft oder dem Wirkungsbereich nach ein alemannischer Graf war (so zum Beispiel SCHREINER; GREINER, Hirsau 9), ist zweifelhaft (SCHMID 78ff.); die Lage der in D HIV Nr. 280 und im Codex Hirsaugiensis im einzelnen genannten Dotationsgüter der Abtei reicht nicht aus, um Erlafrid als Nachfolger der Grafen GEROLD (I bzw. II) im südlichen Teil des Nagoldgaues ansehen zu können (siehe JÄNICHEN; vgl. SCHMID 87, GREINER, Beiträge).
Ein früher Erlefridus, der 769 in pago Alemannorum in Gültstein bubam I et mancipium I an Kloster Lorsch geschenkt hat (CL III Nr. 3290), dürfte wegen der Besitznachbarschaft bzw. -nachfolge mit Erlafrid verwandt gewesen sein. In Gültstein war wohl auch GEROLD (I) begütert (CL III Nrn. 3289,3617); weitere, von SCHMID nachgewiesene Besitzüberschneidungen dieses mächtigen Grafen mit den Liegenschaften der Hirsauer Stifter sprechen auch hier für Versippungen (SCHMID 88; LUTZ 67f. A. 8).
Auffälligerweise hat ein Graf Adalbert, vielleicht der Amtswalter im Osten der Bertoldsbaar und im Thurgau (siehe Artikel ADALBERT II), um 870 ebenfalls in Gültstein zugunsten Kloster Lorschs verfügt (CL III Nrn. 3535 bzw. 2575B). Der Name des Grundherrn läßt an den Neugründer Hirsaus, den Grafen von Calw, denken. SCHMID glaubt, durch den Vergleich zahlreicher Verbrüderungsbucheinträge die Verbindung zwischen dessen Familie und den Hirsauer Stiftern des 9. Jahrhunderts aufgedeckt zu haben (101-114).
Nach Quellen des 15. und 17. Jahrhunderts hat Erlafrid in Hirsau sein Grab gefunden (BACH 119f.).


Schmid Karl: Seite 27
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"Kloster Hirsau und sein Stifter"

Wenn also Bischof Noting überführte die Aurelius-Reliquie auf sein väterliches Gut überführt hat und dort eine Kirche, ja ein Kloster aufgerichtet hat, dann verfügte er zwar über den Altargrund, aber offenbar mit Zustimmung oder auf Wunsch seines Vaters Erlafrid, der dort ein Waldahaus besaß. Mit anderen Worten heißt dies, Erlafrid hatte den Altargrund zur Verfügung gestellt. Möglicherweise waren sogar Notings Vater und dessen Angehörige die treibenden Kräfte bei der Translation und besonders bei der Klosterstiftung.

Bühler Heinz: Seite 719,722
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"Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben"

Gerold der Jüngere ( 799), Immas Sohn, stellte in Nagold 786 eine Urkunde für St. Gallen aus, mit welcher er diesem Kloster seinen Besitz in 15 Ortschaften der "Pirihtilinbaar" um den oberen Neckar übertrug. Ein naher Verwandter namens Erlafried, wohl gleichfalls ein Vetter Immas, schenkte 769 ebenfalls in Gültstein. Er ist wohl der Großvater jenes jüngeren "Grafen" Erlafried, der 830 mit seinem Sohn Noting, Bischof von Vercelli, das St. Aurelius-Kloster in Hirsau stiftete. Erlafried gab dazu Gut in Hirsau, Stammheim, Deckenpfronn, Gültstein (12 Huben), Maichingen, Döffingen, Münklingen, wohl auch in Merklingen, sowie eine Anzahl Weiler im Nagoldtal. Sein Sohn Noting aber schenkte dem Kloster Reichenau Gut in Hirsau, Stammheim, Gechingen, Möttlingen und anderen Orten, darunter solche, in denen auch Gerold der Jüngere begütert war.
Das Bild wäre unvollständig, würden wir nicht auch den Zweig des alemannischen Herzogs-Hauses weiterverfolgen, dem die ERLAFRIEDE angehörten. Dieser Zweig müßte unseres Erachtens von einem Bruder oder einer Schwester des Herzogs Nebi (720-724) ausgehen. Zwar läßt sich keine Filiationsreihe von den bekannten Gliedern des 8. und 9. Jahrhunderts zu deren Rechtsnachfolgern erstellen. Doch werden Erlafried der Jüngere, der Gründer der Aureliuszelle in Hirsau 830, und sein Sohn Bischof Noting als "parentes" des Grafen Adalbert II. von Calw bezwichnet, der 1059 mit der Wiederherstellung des verfallenen und entfremdeten Aurelius-Kloster begann. "Parentes" meint die Vorfahren allgemein, und zwar hier wohl in cognatischem Sinn.
Zu den Nachkommen der Herzogs-Sippe, speziell des Zweiges der ERALFRIEDE, gehören gewiß auch die Nagold-Grafen, die in den älteren Generationen den Namen Anshelm bevorzugten und sich seit 1078/81 nach ihrem Sitz Tübingen benannten. Als Grafen sind sie die  Rechtsnachfolger der GEROLDE und mindestens seit 966, wenn nicht schon 911, nachweisbar. Karl Schmid hat anhand von Verbrüderungseinträgen nachgeweisen, daß sie einerseits mit den ERLAFRIEDEN, andererseits mit den Grafen von Calw verbunden sind (Adalbert-Anshelm-Sippe).



  oo N.N.
        


 
 
 
Kinder:

  Noting Bischof von Vercelli
      
12.8. oder 21.11.859
 
  Adalbert Graf
      

 
 
 


Literatur:
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Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie Seite 114 - Bühler Heinz: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben Anton H. Konrad Verlag 1997 Seite 719,722 -  Schmied Karl: Kloster Hirsau und seine Stifter Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band IX Freiburg im Breisgau 1959Seite 27-