Ältester Sohn des Grafen Lippold und der Ida
von Elsdorf, Tochter von Graf
Liudolf von Braunschweig
Chronik des Albert von Stade
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Das Jahr 1112.
Zu ebenderselben Zeit erhob Eilmar der Jüngere, Graf von Aldenburg, Sohn des Eilmar und der Rikence, der Tochter der Ida von Elsthorpe, Anspruch an die Erbschaft ebenderselben Ida gegen die Fürsten von Stade, Markgraf Udo und seinen Sohn Heinrich, welche ebendieselbe Erbschaft, so lange sie lebten, in Ruhe besaßen. Aber Graf Friderich enthob ihn jenes Anspruches. Denn jene Ida, eine edle Frau aus Suevia gebürtig, welche im Dorfe Elsthorpe wohnte, hatte eine Erbschaft, welche noch jetzt die Erbschaft der Ida genannt wird. Sie war die Tochter eines Bruders Kaiser Heinrichs III, auch eine Tochter der Schwester des Papstes Leo, welcher auch Bruno genannt wird.
Diese heirathete Lippold, Sohn der Herrin Glismodis, und gebar Oda, Nonne von Rinthelen, welche sie nachher vom Kloster ablöste, indem sie an Stelle der Tochter das Dorf Stedethorp bei Heslinge gab, und sie gab sie dem König von Ruzien, dem sie einen Sohn Warteslaw gebar. Aber nach dem Tode des Königs ließ Oda eine sehr große Summe Geldes an geeigneten Orten vergraben, kehrte nach Saxonien mit dem Sohne und einem Theile des Geldes zurück und ließ die Arbeiter tödten, damit sie nicht plauderten. Und sie heirathete Jemand und gebar ihm die Tochter Aliarina, die Mutter des Grafen Burchard von Lucken, welchen nachher der Landgraf Hermann von Winzenburg mit List tödtete, da er sein Vasall war. Warteslaw aber regierte, nach Ruzla zurückberufen, für den Vater und erlangte vor seinem Tode das Geld wieder, welches seine Mutter verborgen hatte.
Es hatte auch Ida einen Sohn, den Grafen Ecbert, welchen der erste Markgraf Udo zu Wistede bei Elstorpe tödtete, obwohl er sein Verwandter war. Ida aber, der Erben beraubt, ging nach Rom zu ihren Oheim, dem Papste Leo, und mit heilsamen Erinnerungen, ihren Schuldnern die Schuld zu vergeben, von ihm versehen, kehrte sie nach Elsthorpe zurück; sie vergab Udo die Schuld an dem Tode ihres Sohnes völlig und setzte, um ruhiger ihre Besitzungen genießen zu können, den Udo selbst zu ihrem Erben ein, indem sie ihn an Sohnesstatt annahm, er hingegen übergab der Ida auch von seiner Erbschaft 300 Hufen zum Besitz, so lange sie lebte, nämlich den Hof Tuschensen, den Hof Otfredhessen, den Hof Hulsinge, den Hof Wasten, den Hof Binnen, den Hof Rotholvingenhusen, den Hof Sclime, den Hof Ride und außerdem Geld; für einen Theil dieses Geldes, nämlich für 50 Mark, verpfändete er Frogersen und Frankenburstold der Kirche zu Heslinge, welche dieselben noch auf Grund ebendesselben Titels besitzt, noch aus einem anderen Grunde gebührte. Denn da Niemand von ihrem Geschlechte jene Erbschaft im langen Zeitraum der Jahre für sich forderte, fiel sie in den Rechtsbereich der königlichen Gewalt und gelangte so an die Bremer Kirche, und vorgenannter Udo trug die Grafschaft Stade von der Bremer Kirche zu Lehen; diese Grafschaft umfaßte jene Erbschaft. Daher besaßen dieselbe die vorbenannten Fürsten, Odo der erste und der zweite, und der Sohn des zweiten, Heinrich, ohne allen Widerspruch bis zum gegenwärtigen Jahre des Herrn, in welchem Jahre nämlich Eilmar der jüngere von Aldenburg dieselbe forderte, und von Friderich, welcher die Grafschaft Stade von den oft genannten Fürsten in Verwaltung hatte, nachdem ein Vergleich hinsichtlich der Sachen ihrer Herren stattgefunden, mit seinem Anspruche abgefunden wurde.
Ida habe als eine aus Schwaben gebürtige Edelfrau in Elsdorf (bei Heeslingen) gewohnt und sei eine Bruders-Tochter Kaiser HEINRICHS III. (+ 1056) sowie eine Schwester-Tochter Papst Leos IX. (+ 1054) gewesen. Markgraf Udo (II.) von Stade - der Vater Udos (III.) und Rudolfs (I.) - habe Idas Sohn, den Grafen Ekbert, in Wistedt bei Elsdorf getötet, obgleich er dessen Anverwandter war. Die dadurch ihres Leibeserben beraubte Ida sei nach Rom zu ihrem päpstlichen Oheim gepilgert, habe bei ihm Trost und Zuspruch gefunden und habe, nachdem sie in die Heimat zurückgekehrt war, ihre Stader Herrschaft diesem Markgrafen Udo (II.) auf dem Erbwege überlassen.
Hlawitschka Eduard: Seite 128,148-153
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"Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte
des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich
klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“
[62 Den Bericht Alberts zum Jahre 1112 über
Ida von Elsdorf behandelt H. Bollnow, Grafen von Werl Seite 42ff. Er
zeigt dabei, daß der als Anstifter des Mordes an Idas Sohn
Ekbert genannte Friedrich, der später die Grafschaft Stade
verwaltete, ganz offensichtlich fälschlich mit der vor 1054 geschehenen
Angelegenheit in Verbindung gebracht worden sein muß, da er erst
1135 starb und man kaum davon ausgehen darf, daß er "mindestens 100
Jahre alt geworden" ist. Idas Sohn Burchard, Propst von
Trier - als solcher ist er von Albert wie auch von Lambert von Hersfeld
bezeugt -, wurde entgegen Alberts Angabe nie zum Erzbischof von Trier,
hingegen wahrscheinlich 1090 zum Bischof von Metz erwählt,
wo er sich freilich nicht durchsetzen konnte; vgl. dazu F.-J. Heyen, Simeon
und Burchard-Poppo. Aus den Anfängen des Stiftes St. Simeon in Trier,
in: Institutionen, Kultur und Gesellschaft, Festschrift für J. Fleckenstein,
Sigmaringen 1984, Seite 200ff. Albert nennt weiterhin Idas Enkel
(durch ihre nach Rußland verheiratete Tochter Oda)
Wartislaw;
dieser Name dürfte aber eine Verwechslung für Jaroslaw
sein, wie R. Bloch, Verwandtschaftliche Beziehungen des sächsischen
Adels zum russischen Fürstenhaus im XI. Jahrhundert, in: Festschrift
für A. Brackmann, 1931, Seite 190f., gezeigt hat. Auf zwei weitere
Unstimmigkeiten dieses Zusammenhangs macht H. Dobbertin, Verwandtschaftsverhältnis
Seite 48 Anm. 19, aufmerksam. - Trotz dieser Mängel kann Albert nicht
von vornherein als unzuverlässig gelten. Seine Nachrichten sind nicht
frei erfunden, wenngleich sie fehlerhaft sein können. "Das beeinträchtigt
aber noch nicht den Quellenwert als solchen. Solange nicht wirklich stichhaltige
Einwände gegen Alberts Angaben über Ida erhoben werden
können, solange bleiben sie ein Faktor in der Rechnung, der sich nicht
einfach streichen läßt." So H. Bollnow, a.a.O. Seite 43f.]
[163 Alberts Angabe, daß mit der Tötung
des jungen Ida-Sohnes Ekbert (1053) Ida "der Erben"
(heredibus!) beraubt worden sei, zeigt recht deutlich - zumal ja
doch (wie aus Alberts Annalen weiter hervorgeht) mindestens noch die ersteheliche
Ida-Tochter Oda und der Sohn
Burchard lebten - die Tendenz zur Absicherung der Bremer Interessen.
Und den Ansprüchen der späteren Verwandten, den Nachkommen aus
Idas 3. Ehe, konnte offenbar nur mit Beispruch eines anderen Verwandten,
der zugleich die höchste moralische Autorität verkörperte,
des Papste, wirksam begegnet werden.]
Wichtiger ist, daß Adelheids Gemahl bzw. Udos II.
Vater Markgraf Luder-Udo I. von Stade "dem König (= HEINRICH
IV.) durch Verwandtschaft nahestand", wie Lampert von Hersfeld
bezeugt [159 Lampert, Annales ad a1057 Seite 70.]., was in die gesuchte
Richtung weisen könnte. Zumal Luder-Udos I. Großmutter Judith
eine KONRADINERIN war und den Herzog
Konrad von Schwaben zum Bruder hatte [180 Vgl. die Belege
bei E. Hlawitscghka, Kuno und Richlind von Öhningen Seite 43f.], von
dem auf der anderen Seite HEINRICH IV.,
aber auch Ida von Elsdorf und ihr ca. 1053 erschlagener Sohn
Ekbert abstammten, ergibt sich in der Tat eine Verwandtschaft zwischen
dem Opfer (Ekbert) und dem Täter (Udo II.) der Fehde von 1053.
Aber auch in anderer Weise sind Verwandtschaftsverbindungen
feststellbar: - und dies in besonderem Maße, wenn man cognatus
in der Bedeutung von "verwandt über eine Frauenseite", speziell über
die Ehefrau, berücksichtigt. Markgraf Udo II. war nämlich vermählt
mit einer gewissen Oda, die nach den Angaben des Annalista Saxo die Tochter
eines Grafen Hermann von Werl war; und dieser Hermann von Werl sei seinerseits
ein Sohn des Grafen Rudolf, eines Bruders der Kaiserin
Gisela, gewesen [182 Annalista Saxo ad 1026,1082,1110,
MG SS VI Seite 676,720,748.]. Daß Gisela
und Rudolf Stiefgeschwister aus zwei Ehen ihrer Mutter
Gerberga
von Burgund waren - nämlich Rudolf aus der ersten Ehe
Gerbergas mit Graf Hermann I. von Werl
und Gisela aus der zweiten mit Herzog
Hermann II. von Schwaben - ist indessen schon vorlängerer
Zeit eindeutig geklärt worden [183 P. Leidinger, Untersuchungen
zur Geschichte der Grafen von Werl, besonders Seite 19-67, wo aus den kontroversen
Auffassungen H. Bollnows, Fr. v. Klocke und H. Hömbergs ein einleuchtendes
Fazit gezogen wird. Vgl. auch schon oben Anm. 108 und Kapitel I Anm. 159.].
Diese Deutung dürfte nicht nur wegen der viel engeren
Verwandtschaftsgrade dem eigentlichen Hintergrund der cognatus-Verwandtschaft
zwischen dem jungen Ekbert und Markgraf Udo II. mehr entsprechen,
sie wird vor allem bei einer intensiveren Betrachtung des Chronicon Rosenfeldense
nahegelegt, das von einer verlorenen ausführlicheren Fassung der Stader
Annalenm Alberts abhängt und - was hier besonders wichtig ist - die
Angaben zu Odas Herkunft in einer mehr oder weniger kausalen Verbindung
mit dem Totschlag Ekberts durch Udo II. bringt: Udo marchio Ekbertum
comitem occidit Wystede prope Ellestorpe, cum tamen eius fuerit cognatus.
Hic erat filius Idae comitissae de Ellestorpe, quae erat nata de
Suevia et magnum habuit patrimonium in hac terra. Iste Udo (Ms. fälschlich
Ekbertus) habuit uxorem nomine Oda de Westfalia natam, Ottonis
ducis Bavariae (= Otto
von Northeim) privignam, quam praedicta ducis uxor ex alio viro
ante genuerat. Mater vero Ekberti orbata heredibus, cum Papam
Leonem, eius avunculum, ... adisset, Ellestorpe rediit ... [184].
Die Anagben zu Udo II. und seiner Frau sind also gleichsam erklärend
zur cognatus-Bezeichnung eingeschoben!
Literatur:
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Chronik des Albert von Stade ad a. 1112 - Hlawitschka
Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des
11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich
klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag
Sigmaringen 1987, Seite 128,130,133,144,146,148-153,173 - Rogge,
Helmuth: Das Verbrechen des Mordes begangen an weltlichen deutschen Fürsten
in der Zeit von 911 bis 1056. Dissertation Berlin 1918, Seite 80-83
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