Das Jahr 1057.
1057 feierte der König des Herrn Geburt zu Regensburg,
noch bei Anwesenheit des Papstes Victor, welcher hierauf, nachdem
die Angelegenheiten des Reichs ziemlich, soviel die Umstände damals
zuließen, geordnet waren, nach Italien zurückkehrte und am 28.
Julius zu dem Herrn einging. Das Bisthum Eihstat, welchem jener, nachdem
er Papst geworden, nicht entsagt hatte, erhielt Gunzo. Hierauf aber
stimmten alle insgesammt, was von Fürsten, was vom Volke zu Rom war,
mit einem Sinne und gleichem Eifer für die Wahl Friderichs,
Bruders des Herzog Gotefrid, holten ihn aus dem Kloster Casinum, wo er,
ein brennendes und hellstrahlendes Licht Gottes, unter der Bank der klösterlichen
Ruhe sich barg, und erhoben ihn auf den Leuchter des apostolischen Stuhls.
Und in der That war niemand seit vielen Jahren mit freudigerer Zustimmung
und mit größerer allgemeiner Erwartung zu der Herrschaft der
römischen Kirche geschritten. Aber wehe! eine so große Hoffnung
vereitelte ein allzu früher Tod.
Der Markgraf Uoto starb; ihm folgte sein Sohn Uoto
der Jüngere.
Die Sächsischen Fürsten verhandelten in häufigen
Zusammenkünften über die Unbilden, welche ihnen unter der Herrschaft
des Kaisers zugefügt worden waren, und meinten, es würde ihnen
deswegen eine schöne Genugthuung widerfahren, wenn sie dem Sohne desselben,
so lange noch sein zartes Alter eine solche Gewaltthat begünstigte,
das Reich entrissen. Auch lag der Glaube nicht fern, daß der Sohn
zu der Sinnesart und der Lebensrichtung des Vaters mit raschen Schritten
übergehen werde. Unverhofft kam dazu, als eine große Hilfe zur
Störung der öffentlichen Ruhe, Otto, der Bruder des Markgrafen
Willihelm, der aber aus ungleicher Ehe, nämlich mit einer slavischen
Mutter, geboren war, ein Mann von durchdringendem Geiste und tapferem Arme.
Dieser hatte bei dem Volke der Böhmen schon von Kindheit auf als Verwiesener
gelebt; als er aber die Nachricht von dem Tode seines Bruders empfängt,
kehrt er mit großer Hoffnung, ihn zu beerben, nach Sachsen zurück,
wird dort von allen Fürsten gütig aufgenommen und durch mächtige
Ermunterungen aller angereizt, nicht nur die Mark, welche ihm vermöge
des Erbrechts gebühre, sondern auch das Reich selbst zu erstreben.
Als sie ihn rüstig und bereit zu dieser Unternehmung finden, sagen
ihm alle ihren treuen Beistand zu, ein jeder verspricht ihm Handreichung
und thätige Hilfe, und sie beschließen, den König, wo nur
der Zufall günstige Gelegenheit bieten werde, zu tödten. Betroffen
von Furcht waren alle, welche einige Sorge für das öffentliche
Wohl hegten, und eifrig darauf bedacht, die aufsteigenden Wirren zu stillen;
darum fanden sie für gut, daß der König eilends nach Sachsen
kommen und des gefährdeten öffentlichen Wohles, wie immer es
ihm nur möglich sein würde, sich annehmen möchte.
Er wollte deswegen den Tag der heiligen Apostel Petrus
und Paulus in Mersenburg feiern. Hierher ließ er alles, was an Fürsten
in Sachsen vorhanden war, zur Besprechung berufen. Als diese nun dahin
auf dem Wege waren, ein jeder nach Verhältniß seiner Macht von
einer großen Schaar von Rittern begleitet, traf es sich, daß
Brun und Eggeberd, des Königs Vettern, zufällig auf
das zahlreiche Gefolge des ebengenannten Otto stießen, welcher mit
dichtgedrängtem Zuge zum königlichen Hoflager ritt. Diese aber
waren, abgesehen von der öffentlichen Sache, auch wegen persönlicher
Feindseligkeiten seine heftigsten Gegner. Unverzüglich geben beide
ihren Kriegern das Zeichen zum Angriff, spornen die Rosse und stürzen
sich mit gleicher Kühnheit und gleichem Hasse in wechselseitige
Wunden. Da, an der Spitze der Ihrigen, begegnen sich Brun und Otto,
beide voll Zornes, beide nur darauf bedacht, den Gegner zu treffen, ohne
an ihre eigene Deckung zu denken, und mit so heftigem Anstoß
trafen sie auf einander, daß jeder von ihnen den andern bei dem ersten
Rennen vom Pferde warf und mit tödtlicher Wunde durchbohrte.
Nach Verlust der Anführer hielten sich beide Theile noch eine Zeit
lang im unentschiedenen Gefechte. Eggeberd aber, wüthend vor
Schmerz über den Fall seines Bruders, stürzte sich, obgleich
schwer verwundet, mit reißend schnellem Lauf unaufhaltsam in
die dichtesten Reihen der Feinde, und tödtet den Sohn des Grafen Bernhard,
einen trefflichen Jüngling, der aber noch kaum zum Ritterdienste reif
war; die übrigen, welche ihres Anführers beraubt, den Kampf
nur matt fortsetzten, schlägt er in die Flucht. So wurde der Staat
von der größten Furcht befreit und die Sachsen, denen der Bannerträger
ihrer Empörung genommen war, unternahmen weiter nichts Arges
gegen den König.
Cuono, des Königs Vetter, wurde Herzog der Carentiner.
Sein Bruder Heinrich, Pfalzgraf der Lutharier, bekannte sich auf Eingebung
des bösen Geistes in Gorzia öffentlich zum Mönchsleben.
Aber nach wenigen Tagen offenbarte sich der Teufel, von dem er verblendet
worden war; er legte das Kleid des heiligen Wandels, womit sich der Engel
des Satans in einen Engel des Lichts umgestaltet hatte, von sich und nahm
als ein Abtrünniger von Gott und Ueberläufer seine Gemahlin und
sein Besitzthum wieder an sich.