13. Suanhilde (+ 1014), Tochter Hermann Billungs
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Suanhilde, die andere uns bekannte Tochter Hermann
Billungs, war, wie schon gesagt, ebenso wie ihre Schwester Mathilde
zweimal vermählt. Sie hatte in erster Ehe den Markgrafen Thietmar
von Meißen, der aus einem angesehenen Geschlecht O-Sachsens stammte,
geheiratet. Er war der Sohn des im nördlichen Schwabengau und im Gau
Serimunt (zwischen Saale und Mulde) begüterten Grafen Christian
und dessen Gemahlin Hidda, einer Schwester des bekannten von
OTTO
I. eingesetzten Markgrafen Gero [1 Annalista
Saxo zu 965.]
Der Bruder des Markgrafen Gero, Sigefrid,
übergab einen Theil seines Erbgutes dem heiligen Vitus, indem er demselben
an dem Orte, der Gronigge heißt, ein Kloster erbaute. Ihre Schwester,
eine heilige Frau Namens Hidda, welche der Anbetung wegen nach Jerusalem
zog und daselbst starb, gebar den Markgrafen Thietmar und Gero,
den Kölner Erzbischof, welche auf ihrem Gute am Flusse Sala
eine Abtei erbauten zur Ehre der heiligen Gottesmutter und des heiligen
Märtyrers Ciprian, als OTTO
II. Kaiser war.]. Man nimmt an, daß Thietmar
nach dem Rücktritt seines Oheims im Jahre 965 die markgräfliche
Stellung in dem südlichen Teil der bis dahin von Gero verwalteten
Grenzgebiete übertragen worden ist [2 Kötzschke, Die Anfänge
der Markgrafschaft Meißen; Seite 47], und ich glaube, daß für
seine Eheschließung am ehesten die darauffolgenden Jahre in Frage
kommen. Denn der anscheinend einzige Sohn aus dieser Ehe, der den Namen
Gero erhielt, muß bei seines Vaters Tod im Jahre 979 [3
Den Tod des Markgrafen Thietmar
meldet der Sächsische Annalist
(SS. VI, 627) zum Jahre 978, was aber im Widerspruch steht zu einer Urkunde
OTTOS II. vom Jahre 979 (DO. II. 200),
in der noch von Thietmar, bzw. von seinen Gebieten die Rede ist.
Die dem am 3. August 979 erfolgten Tod (Necr. Magd.), die Handlung gehört
aber zum 19. März 979, siehe auch Uhlirz Jbb. Otto II. und Otto III,
Exkurs VI, Seite 245f. und Kötzschke Seite 46.] noch sehr jung gewesen
sein. In einer Urkunde des gleichen Jahres [4 Urkunde vom 3. März
979 DO. II. 185 und vom 29. Janaur 980 DO. II. 213a.] heißt es "im
comitatu pueri Geronis" und demnach könnte er schätzungsweise
zwischen 965 und 975 geboren sein. Die Geburt Suanhildes wurde dann
vielleicht in die Jahre von 945 bis 955 fallen, kaum früher,
da sie auch aus ihrer nach 979 eingegangenen zweiten Ehe noch eine Reihe
von Kindern gewann. Erst in den 90-er Jahren begegnet uns der junge Gero
als Markgraf im Besitz seines väterlichen Erbes [5 Urkunde
vom 17.4.993 (DO. III. 110.] und tritt sodann auch merhfach in den Berichten
Thietmars von Merseburg als Markgraf der sächsischen Ostmark in Erscheinung
[6 Thietmar IV, 52 Seite 190; V,9 Seite 230; VI,56 u.a. Stellen.].
Allerdings scheint nicht das ganze Gebiet, das
Thietmar
einst innehatte,
in die Hand des Sohnes gelangt zu sein, denn in die zu Meißen gehörige
Mark wurde zunächst der Markgraf Rikdag, auch ein Angehöriger
eines ostsächsischen, im Schwabengau begütertern Geschlechts,
eingesetzt, der im Jahre 985 starb [1 Thietmar IV, 6 (5) Seite 138].
Diesem folgte Ekkehard [2 Ebd. siehe auch Kötzschke,
Seite 51 und Posse, Die Markgrafen von Meißen, Seite 32f. (die von
Kötzschke als noch immer grundlegend anerkannte Darstellung).], der
Sohn des Markgrafen Günther aus angesehenem thüringischen
Geschlecht, dem einst als erstem Markgrafen von Meißen jene Gebiete
unterstellt worden waren, bis er im Jahre 976 wegen seiner Stellungnahme
für Heinrich
von Bayern in Ungnade fiel. Nach jahrelanger Verbannung,
die sein Sohn anscheinend mit ihm teilte, wurde er wieder begandigt und
fiel dann im Jahre 982 auf Seiten des Kaisers in der Schlacht in Calabrien
[3
Thietmar III, (12) 20, Seite 124 und Ann. Einsidl. 982 SS. III,
Seite 65.]. Es scheint, daß Ekkehard sich noch vor seines
Vaters Tod mit
Suanhilde
vermählte, oder wenigstens bald darauf.
Thietmar erzählt uns daß Ekkehard, als er sich dem Mannesalter
näherte, seiner ganzen Verwandtschaft durch die Reinheit seiner Sitten
und durch rühmliche Taten Ehre gemacht habe. Nach manchen zusammen
mit seinem Vater durchstandenen Kriegsmühen habe er des Kaisers Huld
wieder erlangt, sei in Ehren heuimgekehrt und habe darauf Suanhilde,
die Witwe des
Grafen Thietmar und Schwester Herzog
Bernhards geheiratet, die ihm als erstes Kind eine Tochter namens
Liutgard gebar [4 Thietmar IV (26) 39 Seite 176f.]. Als diese
aufwuchs, bemühte sich der ebenfalls einem alten thüringischen
Geschlecht angehörende Markgraf Liuthar [5 Nach dem Tod der
Markgrafen Dietrich und Rikdag wurde die Nordmark an Liuthar von Walbeck,
die Meissener Mark an Ekkehard übertragen.] bei Ekkehard
darum, das Mädchen als Braut für seinen Sohn Werinhar zu gewinnen.
Zwischen den Familien wurde denn auch eine feste Verabredung getroffen,
doch als
Ekkehard
mehr und mehr in seinem Ansehen, vor allem beim
Kaiser, stieg, dachte er nicht mehr daran, das Verlöbnis einzuhalten,
ja bemühte sich vielmehr, es wieder rückgängig zu machen,
so daß schließlich Werinhar, während der Kaiser und Ekkehard
in
Italien weilten (998), seine Braut aus Quedlinburg in Abwesenheit der Äbtissin
Mathilde entführte.
Vor den in Magdeburg versammelten Großen mußte
Werinhar jedoch bald darauf kniefällig um Verzeihung bitten und seine
Braut herausgeben, um sie erst nach dem Tode Ekkehards heimführen
zu können [1 Thietmar IV, (27) 42, Seite 180 und VI, 84 (51)
Seite 374.]. Der Markgraf Liuthar aber, der sich durch diese ganzen Vorgänge
aufs schwerste verletzt fühlte, wurde wenig später zum Führer
der Gruppe, die nach dem Tode OTTOS
III. die Erwählung Ekkehards zum König
zu verhindern wußte und so zu seinem Untergang mitbeitrug [2 Thietmar
IV, 52 (32) Seite 190f. Im Chron. Piet. Leibnitz SS. rer. Br. III, 311ff.
werden Liuthars Reden gegen Ekkehard irrtümlicherweise dem
Grafen
Liudger, dem Bruder des Herzogs Bernhard I., beigelegt.].
Im Zusammenhang mit den politischen Bestrebungen Ekkehards
und vor allem auch mitbewirkt durch die Feindschaften, die er sich mit
seinem oft anmaßenden Auftreten und durch sein herrisches Wesen zugezogen
hatte, kam es dann im Jahre 1002 zu jener Mordtat in Pöhlde, die uns
Thietmar einschließlich der Vorgeschichte ausführlich erzählt
[3 Thietmar V,6 Seite 226f. Siehe auch Hirsch, Jbb. Heinrichs II.
Band 1 Seite 199ff.].
Als Tag der Tat wird in den verschiedenen Quellen einstimmig
der 30. April angegeben [4 Thietmar V, 6 (4) Seite 226, übernommen
aus den Ann. Quedl. SS. III, 78; denselben Tag gibt auch das Necr. S. Mich.
lun. Wedekind Noten III, 32 an.]. Von Thietmar erfahren wir, daß
die Gräfin Suanehilde, nachdem sie die Leiche Ekkehards
in dem Erbbegräbnis der Familie in Großjena hatte beisetzen
lassen, mit ihren Söhnen nach Meißen aufbrach, um mit ihnen,
wie es üblich war, am 30. Tage nach dem Tode ihres Gatten das Erbe
zu teilen [5 Thietmar V, 8 Seite 228. Vgl. Sachsenspiegel, Landrecht,
I, 22, 1, Eckhardt Seite 33.]. Ihre Namen Hermann, Ekkehard
und Günther werden uns im Zusammenhang mit der Nachricht vom
Tode ihres Stiefbruders Gero im Jahre 1015 von Thietmar mitgeteilt
[6
Thietmar VII, 22 (14) Seite 422, vgl. Annalista Saxo SS. VI,
Seite 648 und 678.]. Später ist dann noch von zwei weiteren Töchtern
die Rede und zwar nennt uns Thietmar als solche Oda
die vierte Gemahlin Boleslaws I. von Polen
[7
Thietmar VIII, 1 Seite 492.],
während nach der Geneal. Wett. auch noch eine Tochter namens Mathilde
vorhanden gewesen sein soll, die den Grafen Dietrich von Wettin angetraut
wurde [8 Geneal Wett. SS. XXIII, Seite 227.].
Die Nachfolge Ekkehard fiel zunächst seinem
Halbbruder Gunzelin [1 Thietmar VI, 53-55 (36-37), dazu R.
Holtzmann, Beiträge zur Geschichte des Markgrafen Gunzelin, Sachsen
und Anhalt 8 1932, Seite 109.] zu. Als dann im Jahre 1009 bei Untersuchung
einer Fehde zwischem dem letzteren und dem Grafen Hermann seitens
des Königs die ganze Schuld dem Markgrafen Gunzelin zugeschoben
und er abgesetzt und inhaftiert wurde, folgte ihm im Markgrafenamt Hermann,
der Sohn Ekkehards und nach dessen in die Jahre 1031/32 fallenden
Tod [2 Hermanns Todesjahr ist nicht genau bekannt. Er wird nach
dem Jahre 1031 nicht mehr genannt und sein Bruder Ekkehard ist als
Nachfolger in der Markgrafschaft am 17. Dezember 1032 urkundlich bezeugt.
Die für die Söhne Ekkehards hauptsächlich in Frage
kommenden Stellen bei Thietmar sind folgende: V,8 (5); VI, 53(36); VII,
30; VIII, 32; IX, 30.] Ekkehards jüngerer Sohn Ekkehard
II., der wahrscheinlich im Jahre 1046 starb [3
Vgl. Cod. dipl. Sax. I,1 106 Urkunde vom 8. Juli 1046
und 105 vom 8. Juli 1046, vgl. Posse Seite 123 und Kötzschke Seite
52.]. Der dritte und vermutlich jüngste Sohn Ekkehards Günther,
gehört dem geistlichen Stande an, war Kapellan, dann Kanzer am Hofe
und wurde zu Beginn des Jahres 1024 zum Erzbischof von Salzburg
ernannt [4 Ann. S. Rudberti bravos SS. IX, Seite 757 und Wipo. Gesta
Chuonradi imp. c.1"Guntherus archiepiscopus frater Ekkehardi...
et Herimanni comitum mitis et bonus apud deum et homines."],
ein Amt, das er nur kurze Zeit bekleiden sollte, da er bereits im darauffolgenden
Jahre starb [5 Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands Band III Seite
994.]. Ob der oben erwähnte mit Gertrud,
der Tochter eines Grafen Ekbert verheiratete Gottschalk ein
Sohn Ekkehards von Meißen war, bleibt fraglich, da er in dem
Quellen sonst nicht genannt ist, und bei jener Nachricht nicht ausdrücklich
von einem Ekkehard von Meißen die Rede ist [6 Ann.
Hild. Waitz Seite 32 und Vita Meinwerci c. 164 Seite 86, vgl. auch Seite
77.].
Als Todestag Suanhildes gibt und Thietmar den
26.
November 1014 an [7 Thietmar VII, 7 Seite 406f. "eiusdem"- Markgraf
Werinharius (der sächsischen Nordmark), Suanhildes Schwiegersohn,
der Mann Liutgards.]. Er spricht von ihrem plötzlichen Tod
"Post XIIII dies, domna Swonehild socrus eiusdem morte subitanea
VI. Kal. Decembr. obiit", ohne daß dabei nähere Umstände
angegeben werden. In Anbetracht der von uns angenommenen Geburtszeit (während
der Jahre 945 und 955), wie auch der erwähnten Daten ihrer Nachkommen,
können wir feststellen, daß Suanhilde in vorgerücktem
Alter starb, so daß mit dem Ausdruck "subitanea" wohl weniger
ein zu früh eingetretener Tod, als vielmehr ein ohne vorhergehende
Krankheit erfolgten Ableben gemeint sein wird.