Das aquitanische Heer setzte sich im März von Frankreich
aus in Marsch und zog auf dem Landweg durch S-Deutschland und Ungarn. Unterwegs
schloß sich ihm Herzog Welf von Bayern an, der sich nach langer
und ruhmreicher Laufbahn in Deutschland mit der Absicht trug, seinen Lebensabend
im Kampf für das Kreuz in Palästina zu verbringen. Er brachte
ein gut ausgerüstetes Heer deutscher Ritter und Fußtruppen mit;
in seiner Begleitung befanden sich der Erzbischof Thiemo von Salzburg und
die Markgräfin-Mutter Ida von Österreich, eine der großen
Schönheiten ihrer Zeit. Ihre vereinigten Heere zogen zusammen die
Donau hinab nach Belgrad und von dort über die große Heerstraße
durch den Balkan. Sie waren ein ungezügelter Haufe, als sie schließlich
Adrianopel erreichten, war ihr Betragen so schlecht, daß die byzantinischen
Behörden Petschenegen- und Kumanen-Truppen ausschickten, um sie am
weiteren Vordringen zu hindern. Es kam zu einer regelrechten Schlacht,
und erst als Herzog Wilhelm und Welf persönlich eingriffen
und sich für das künftige gute Betragen ihrer Truppen verbürgten,
wurde ihnen gestattet weiterzuziehen. Eine starke Begleitmannschaft geleitete
sie nach Konstantinopel. Dort wurden Wilhelm, Welf und die Markgräfin
Ida von Alexios herzlich empfangen,
der Schiffe zur Verfügung stellte, um ihre Truppen so bald wie möglich
über den Bosporus zu schaffen. Einige der Pilger, unter ihnen der
Geschichtsschreiber Ekkehard von Urach (Aura), schifften sich direkt nach
Palästina ein, wo sie nach sechswöchiger Seereise eintrafen.
Es hätte den beiden Herzögen möglich sein
sollen, den Grafen von Nevers einzuholen und ihr Heer durch Einschluß
seiner Streitkräfte zu verstärken. Der Graf von Nevers aber wollte
sich mit dem Herzog von Burgund vereinigen; von Herzog Wilhelm wiederum
war nicht zu erwarten, daß er sich mit einem Heer zusammentat, welches
von seinem alten Feind, dem Grafen von Toulouse, geführt wurde; und
Welf
von Bayern, ein alter Feind Kaiser HEINRICHS
IV., hatte wahrscheinlich für dessen Marschalk Konrad nicht
viel übrig. Der Graf von Nevers eilte voraus nach Ankyra, während
das aquitanisch-bayerische Heer fünf Wochen lang am Bosporus wartete
und sich dann langsam auf der Hauptstraße nach Doryläon und
Konya in Marsch setzte. Um die Zeit, da es Doryläon erreichte, hatte
das Heer von Nevers die Stadt bereits auf der Rückreise durchzogen
und war schon weit auf dem Weg nach Konya. Der Umstand, daß erst
wenige Tage vorher ein Heer die gleiche Straße entlanggezogen war,
erleichterte die Lage für die Aquitanier und Bayern nicht. Die geringen
vorhandenen Vorräte an Lebensmitteln waren bereits weggenommen, woran
die Kreuzfahrer charakteristischerweise den Byzantinern die Schuld gaben.
Gleich den Leuten von Nevers fanden sie die Brunnen trocken oder verschüttet.
Philomelion war verlassen und sie plünderten es aus. Die türkische
Besatzung von Konya, die den Leuten aus Nevers widerstanden hatten, gab
die Stadt angesichts dieses größeren Heeres auf; aber vor ihrem
Abzug sammelte sie alle Lebensmittel zum Mitnehmen ein und pflückten
die Gärten und Obsthaine der Vororte leer. Die Kreuzfahrer fanden
wenig vor, womit sie sich hätten erfrischen können. Just zu diesem
Zeitpunkt metzelten Kilidsch Arslan
und Malik Ghazi hundert Meilen weiter
die Leute von Nevers nieder.
Von Hunger und Durst gequält, plackten sich die
Kreuzfahrer von Konya weiter durch die Wüste auf Heraklea zu. Jetzt
tauchten türkische Reitertruppen an ihren Flanken auf, schossen Pfeile
in ihre Mitte und schnitten Fourage-Trupps und Nachzügler ab. Anfang
September zogen sie in Heraklea ein, das sei ebenso verlassen antrafen
wie Konya. Unweit der Stadt verlief ein Fluß, einer der wenigen in
Anatolien, die während des ganzen Sommers reichlich Wasser führten.
Die christlichen Krieger, vor Durst schon halb von Sinnen, brachen aus
ihren geschlossenen Reihen, um dem verlockenden Wasser entgegenzueilen.
Aber das türkische Heer lag im Dickicht des Flußufers verborgen.
Indes die Kreuzfahrer ohne Ordnung hinabstürzten, sprangen die Türken
hervor, stürzten sich auf sie und umzingelten sie. Es blieb keine
Zeit, um die Reihen neu zu schließen. Das christliche Heer wurde
von Panik erfaßt. Berittene und Fußvolk gerieten im fürchterlichen
Chaos der kopflosen Flucht durcheinander und wurden, indes sie fliehend
dahinstolperten, vom Feind niedergemacht. Der Herzog von Aquitanien hieb
sich, gefolgt von seinem Reitknecht, einen Weg ins Freie und ritt ins Gebirge
hinauf. Nach tagelangem Umherirren zwischen den Bergpässen fand er
schließlich den Weg nach Tarsos. Hugo von
Vermandois wurde in der Schlacht schwer verwundet; aber einige
seiner Leute retteten ihn, und auch er gelangte nach Tarsos. Doch er war
bereits ein Sterbender. Welf von Bayern entkam nur, indem er seine
gesamte Rüstung wegwarf. Er traf schließlich mehrere Wochen
später mit zwei oder drei Bedientesten in Antiochia ein. Der Erzbischof
Thiemo wurde gefangengenommen und erlitt für seinen Glauben den Märtyrertod.
Das Schicksal der Markgräfin von Österreich ist unbekannt.
Nach seiner Freilassung durch Tankred, in den letzten
Tagen des Jahres 1101, setzte er sich zusammen mit den überlebenden
Fürsten der Kreuzzüge von 1101, nämlich Stephan von Blois,
Wilhelm von Aquitanien, Welf von Bayern und ihren Kameraden, die
ihre Pilgerfahrt nach Jerusalem abschließen wollten, von Antiochia
aus in Marsch.