Ältester Sohn des Grafen
Balduin I. Eisenarm von Flandern und der Judith,
Tochter von Kaiser
KARL II. DEM KAHLEN
Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1
****************
"Die Nachkommen Karls des Großen"
V. 20 c. BALDUIN II., Graf und Markgraf von Flandern
------------------------------
* wohl ca. 865, + 918 vielleicht 10. IX..
Gemahlin:
------------
884
Elftrude, Tochter König Alfreds von England
+ 929 7. VII.
Anmerkungen: Seite 115
------------------
V. 20. Balduin II.
Vanderkindere I, 285f. Vermählung 884, Chron. S. Bavonis de Smet 1, 497 [V c 31];
Ergänzung: (Werner): Konk. N.N.
BALDUIN II. "DER KAHLE"
--------------------------------------
+ 918
Balduin II. der Kahle folgte 879 seinem Vater als Graf von Flandern und verfolgte zeitlebens eine rücksichtslose, eigennützige Territorialpolitik, wobei er mehrmals die Fronten wechselte. Er war zeitweise Parteigänger von König Zwentibold von Lothringen, zum anderen der ROBERTINER und auch der französischen KAROLINGER. Er gewann Boulogne und Arras, verlor 899 die Abtei St. Vlaast an den Erzbischof Fulko von Reims und ermordete ihn 900. Er ermordete auch seinen großen politischen Gegenspieler, den Grafen Heribert von Vermandois und befestigte Brügge, Ypern und St. Omer gegen die Normannen. Er konnte deren Eindringen in die Normandie nicht verhindern und wurde in der Folgezeit deren Hauptgegner. Unter seiner Regierung entwickelte sich Flandern zu einem starken, mehrere alte Grafschaften umfassenden Lehnsfürstentum, das sich dem schwachen französischen Königtum rücksichtslos entzog.
oo 884
ELFTRUDE
VON ENGLAND
+ 929
Tochter des Königs Alfreds I. des Großen von
Wessex
Als ihnen König Zwentibold
von Lothringen
zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen.
Denn gerade die Intervention der Lothringer spaltete das Lager Karls
III. endgültig: Graf Balduin
II. von Flandern (879-918) und
sein Bruder Graf
Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben Expansionspolitik
auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte Kloster Saint-Quentin
einbrachte. Währenddessen versuchten Graf Heribert I. und andere Aufständische
eine Fühlungnahme mit König Odo,
nachdem dieser dem HERIBERTINER die
meisten Burgen abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf
die Verhandlungen mit dem ROBERTINER
torpedierte, unterwarfen sich die HERIBERTINER
dem legitimen westfränkischen König
Odo. Der KAROLINGER Karl der Einfältige
war daraufhin gezwungen, nach Lothringen zu fliehen. Währenddessen
rückte König Odo, unterstützt
von Graf Heribert I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois
eroberte und nebst Peronne an den wiedergetreuen HERIBERTINER
gab. Der erboste Graf Rudolf fiel daraufhin plündern in die
Besitzungen der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I. gestellt und
in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde.
Inzwischen tobten aber heftige Kämpfe im Nordosten
um Peronne zwischen Graf Heribert I. und dem rachedürstenden Grafen
Balduin II. von
Flandern. Diese Auseinandersetzungen
setzten sich auch im Jahre 898 fort, als der KAROLINGER
Karl III. alleiniger König des Westfränkischen Reiches
wurde. Er entriss dem Grafen Balduin II. die
Abtei Saint-Vaast bei Arras und gab sie seinem Erzkanzler Erzbischof
Fulco von Reims. Dieser jedoch tauschte sie bei Graf Alkmar von
Artois (+ ca. 920) gegen die wichtige Abtei Saint-Medard bei Soissons ein.
Die Folge war nun eine abgrundtiefe Feindschaft zwischen Erzbischof Fulco
und Graf Heribert I. einerseits und Graf
Balduin II. von Flandern andererseits.
Als Ergebnis dieser Antipathie wurde Erzbischof Fulco von Reims am 17.
Juni 900 durch Winemar und andere flämische Vasallen Balduins
II. ermordet. Dies nützte aber Graf
Heribert I. sofort aus und okkupierte die Abtei Saint-Medard bei
Soissons, die nun bis 1048 seiner Familie gehören sollte. Allerdings
erbte der HERIBERTINER auch die alte
Todfeindschaft, die schließlich im Zeitraum von 900 bis 906 an einem
unbekannten Zeitpunkt zur Ermordung Graf Heriberts I. durch Balduin
und andere Vasallen Graf Balduins II.
führte.
Zum Prinzipat Flandern des 10. Jahrhunderts gehörten
schließlich die Grafschaften Flandern (mit dem Waasland und den Gebieten
um Gent, Kortrijk und Cassel), Therouanne, Boulogne-sur-Mer, Tournai und
das Melentois sowie die Klöster Saint-Pierre und Saint-Bavon in Gent,
Saint-Bertin, Saint-Amand bei Saint Omer und Saint-Vaast vor Arras.
Offergeld Thilo: Seite 412,414,420,424,439,444,448
*************
"Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im
frühen Mittelalter."
Wie andere Abtrünnige vor ihnen, wandten sich auch
Fulko und die Seinen nun nach O-Franken und hofften, König
ARNOLF als Thronkandidaten gegen Odo
gewinnen
zu können. Obwohl sie offenbar zunächst Odo
einen
Treueid geleistet hatten, begaben sich die Anführer der Opposition,
außer Fulko selbst vor allem
Balduin von Flandern und dessen
Verwandter, Abt Rudolf von Saint-Bertin und Saint-Vaast, im Mai/Juni 888
zu ARNOLF, trafen in Worms mit ihm
zusammen und luden ihn vergeblich zur Herrschaftsübernahme ein.
Schon vorher war freilich Balduin von Flandern aus
Fulkos Partei ausgeschieden und hatte sich angesichts der sich abzeichnenden
Überlegenheit Odos diesem wieder
angeschlossen.
Besonders in Aquitanien, wo die oben bereits erwähnte
Verleihung des Poitou an den Königsbruder Robert
gleich
zwei konkurrierende Parteien brüskiert hatte, und in Flandern, wo
Odo
nach dem Tode Abt Rudolfs dessen Verwandtem Graf Balduin die Verleihung
der Klöster Saint-Bertin und Saint-Vaast verweigerte, kam es zu offener
Rebellion der betroffenen Adelsfamilien.
Odo
ging mit teilweiser brutaler Härte gegen die Empörer vor, doch
konnte er seine Autorität dadurch nicht entscheidend festigen.
Auch Graf Balduin von Flandern, über seine
Mutter Judith ein Enkel KARLS
DES KAHLEN, dürfte als erbitterter Feind Odos
die Erhebung Karls wenigstens gebilligt,
wenn nicht unterstützt haben [Zwar waren auch Balduins
Beziehungen zu Fulko wegen dessen Abtsnachfolge in dem von Balduin
beanspruchten Saint-Bertin sehr gespannt, doch hat Fulko immerhin die angedrohte
Exkommunikation
Balduins zweimal augeschoben, offensichtlich mit
der Absicht, den mächtigen Grafen im Lager der Opposition nicht ganz
zu entfremden.].
Zwentibold belagerte
daraufhin zusammen mit Karl dem Einfältigen
das befestigte Laon, doch als der erhoffte schnelle Erfolg ausblieb, sahen
führende Große aus Karls
Partei ihre Interessen schon wieder gefährdet: Balduin von Flandern
ging zusammen mit seinem Bruder Rudolf und dem Grafen Reginar
zu
Zwentibold über; es kursierten
sogar Gerüchte, Karl
solle ermordet
werden.
Zwar blieben die führenden Großen des Reiches
mit Ausnahme Heriberts zunächst noch fern, doch Balduin versicherte
durch Boten seine Ergebenheit, und nachdem Odos
Bruder Robert dem neuen König
gehuldigt hatte, erschienen auch Wilhelm der Fromme und Richard von Autun
bei Karl und leisteten ihm den Treueid.
Werner Karl Ferdinand: Seite 464
*******************
"Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"
Graf Balduin II. von Flandern suchte im Jahr 900 um jeden Preis die wichtigsten Berater des jungen Königs Karl III. (des "Einfältigen") für sich zu gewinnen. Das waren nach wie vor Erzbischof Fulco von Reims und Graf Heribert, die gleichen Männer, die 893 für Karls Königswahl gesorgt hatten. Balduin ging es darum, vom König wieder als Laienabt von Saint-Vaast in Arras eingesetzt zu werden. Der Erzbischof und der Graf lehnten ab, weil es ihren eigenen Interessen in der Region zuwider lief. Balduins Abgesandter Winemar unternahm einen letzten Versuch direkt bei Fulco, blieb aber ebenfalls erfolglos. Daraufhin ließ der ergrimmte Flame den Erzbischof ermorden (17. Juni 900). Heribert, der seinerseits im Jahr 896 Balduins Bruder Rudolf im Kampf getötet hatte, wurde wenig später ebenfalls durch Leute des Grafen von Flandern umgebracht.
Riche Pierre: Seite 276
***********
"Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."
Im Norden W-Frankens war Flandern genauso den normannischen
Angriffen ausgesetzt. Der Tod Graf Balduin I. Eisenarm 879 fiel
zusammen mit einer skandinavischen Großoffensive. Sein Nachfolger,
Balduin II., ließ deshalb in Saint-Omer, Brügge, Gent, Kortrijk
Holzbefestigungen errichten, außerdem zog er Ländereien an sich,
die von königlichen und kirchlichen Amtsträgern aufgegeben worden
waren. Obwohl er ein Enkel KARLS DES KAHLEN
war, erhob er 888 keinen Anspruch auf die Krone, verweigerte aber Odo
die Anerkennung. Hauptziel war für ihn die Ausdehnung seiner Grafschaft
nach Süden. Ihm gelang die Erwerbung des Artois und des reichen Klosters
Saint-Vaast, das seit 879 der UNRUOCHINGER
Rudolf
besessen hatte, der Sohn des Markgrafen
Eberhard von Friaul, und danach an Erzbischof Fulco von Reims gegeben
wurde, den Balduin II. deswegen im Jahr 900 ermorden ließ.
Am Oberlauf der Somme stieß er auf Graf Heribert I. von Vermandois,
der ebenfalls von den KAROLINGERN abstammte:
Der auf Befehl LUDWIGS
DES FROMMEN geblendete König
Bernhard von Italien hatte einen Sohn Pippin,
der einige Grafschaften im Somme-Gebiet besaß. Bernhards
Enkel Heribert I. verfügte über Saint-Quentin und Peronne. Balduin
II. räumte dieses Hindernis aus dem Weg, indem er Heribert
I. um 907 ermorden ließ.
Schließlich zielte der Graf von Flandern auch noch auf den Erwerb
des Unterlaufs der Canche, um so über See Beziehungen zu England anknüpfen
zu können. Er begründete bereits das englisch-flandrische Bündnis
durch seine Ehe mit einer Tochter König
Alfreds der Großen von Wessex. Sein Sohn Arnulf
I. erbte 918 eine bedeutende Grafschaft, der eine glänzende Geschichte
bestimmt war.
884
oo Aelfthryd von Wessex, Tochter des Königs
Alfred
um 870-7.6.929
Kinder:
Arnulf I.
885/90-27.3.965
Adalolf Graf von Boulogne
890-13.11.933
Ealswid
-
Ermentrud
-
Illegitim
Albert Bischof von Paris
-
977
Literatur:
-----------
Alvermann,
Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint
Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel 3,4
- Annalen von St. Vaast
Seite 316,318,322,324,328-334 - Annalista
Saxo: Reichschronik ad a.1002 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen
Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998
Tafel 1 Seite 1,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen
Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 320,322,382,
409,433,435,517 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 18 - Ehlers Joachim:
Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 32
- Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München
1994, Seite 63 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer
Geschichten, Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 10-12 - Offergeld
Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen
Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 412,414,420,424,439,444,448,451,455,456,464
- Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler
Verlag Stuttgart 1966 Seite 80 - Regino Chronik.
Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche
Buchgesellschaft Darmstadt 1969 Seite 182,312 - Riche Pierre: Die
Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH
& Co. KG, München 1991 Seite 276,289 -
Schieffer Rudolf:
Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite
199 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael
Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 29-31,357,364,385,395 -
Thiele,
Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und
Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25
- Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum
Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
1995 Seite 464 -