Partenheimer Lutz: Seite 25,27,31
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"Albrecht der Bär. Gründer der Mark Brandenburg und des Fürstentums Anhalt."

Adalbert hinterließ zwei Söhne, Otto und Siegfried, von denen hier vor allem der erste als Vater Albrechts des Bären interessiert. Ihr Verhältnis als Brüder geht aus der bereits herangezogenen Stelle des Annalista Saxo hervor. Sie scheint zugleich darauf hinzuweisen, daß Otto der Ältere war, da er als Graf vor Siegfried, der es immerhin zum Pfalzgrafen bei Rhein gebracht hatte, genannt wird. Der Vater Albrechts des Bären ist zwischen 1083 und 1123 vierzehnmal urkundlich erwähnt. Auf eine Teilung der geerbten Güter und Ämter könnte die Tatsache hindeuten, daß Otto 1083 als Inhaber von Grafenrechten im Schwabengau [Hierbei wird das Dorf Hedersleben östlich von Halberstadt genannt.], Siegfried hingegen als Graf im Nordthüringgau auftritt [In diesem Zusammenhang erscheinen die Orte Oschersleben und das benachbarte Peseckendorf zwischen Halberstadt und Magdeburg.].
Später scheinen alle von Adalbert hinterlassenen askanischen Besitzungen an Otto gefallen zu sein, während Siegfried die weimar-orlamündischen Ansprüche der Mutter übernahm [Otto von Heinemann: Albrecht der Bär (wie EN 1), Seite 22 f. mit Anmerkung 74-77 (Seite 306-308). - Nach zwei Kaiserurkunden vom 27. August 1111 (CDA 1, Nr. 177 f.) hatte das thüringische Kloster Reinhardsbrunn (bei Friedrichroda) das Gut Steinfirst unter anderem von Pfalzgraf Siegfried erworben. Das könnte ein Indiz für Besitzungen des ASKANIERS in Thüringen sein, ohne daß damit natürlich etwas über deren Herkunft gesagt wird. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn beide Urkunden gehören zu den bekannten Fälschungen des Klosters.].
Damit endeten die Turbulenzen in Sachsen jedoch nicht, denn das Jahr 1112 brachte noch einen zweiten Anlaß zum Streit zwischen HEINRICH V. und Teilen der sächsischen Großen. Wieder war die askanische Familie betroffen, wenn auch zunächst Ottos Bruder. Gewiß wird aber der Ballenstedter Graf die Angelegeneheit aufmerksam verfolgt haben. Denn sie konnte plötzlich seine eigene werden - zum Beispiel durch Aussterben der Linie Siegfrieds, was bei der damaligen Lebensweise des Adels mitunter recht schnell ging. Ob Otto eingriff, überliefern die Quellen allerdings nicht. Den neuen Zwiste entfachte der Tod des Grafen Ulrich II. von Weimar-Orlamünde, der am 13. Mai 1112 ohne männliche Nachkommen starb. Sein gleichnamiger Vater war der Sohn eines Bruders des oben erwähnten Markgrafen Otto von Meißen, Grafen von Weimar-Orlamünde, dessen Tochter Adelheid die ASKANIER Otto und Siegfried geboren hatte. Ulrich II. ist bekanntlich ein Sohn der ungarischen Königs-Tochter Sophia gewesen, die nach dem Tode ihres ersten Mannes (1070) Herzog Magnus von Sachsen heiratete und dem letzten BILLUNGER Eilika, die spätere Gemahlin Ottos von Ballenstedt schenkte.
Doch nicht dieser, sondern dessen Bruder Siegfried, der wohl von der Mutter Adelheid zumindest bereits Ansprüche auf weimar-orlamündische Güter besaß, forderte nun die Hinterlassenschaft Ulrichs. Damit wollte der rheinische Pfalzgraf die Stellung in Thüringen sicher noch weiter stärken, denn durch seine Gemahlin Gertrud [Gertrud ist eine Tochter des Grafen Heinrichs des Fetten von Northeim, dessen Vater Otto als Widersacher HEINRICHS IV. bekannt wurde. Da ihre Schwester Richenza LOTHAR VON SÜPPLINGENBURG geheiratet hatte, waren Siegfried und Otto der Reiche mit dem Herzog verschwägert.] hatte er offenbar bereits Güter an der Werra im Grenzraum zwischen Hessen und Thüringen erhalten. Doch HEINRICH V., der Siegfried erst 1111 nach der Rückkehr von der Kaiserkrönung auf Verwendung fürstlicher Standesgenossen die Freiheit geschenkt [Zur Jahreswende 1108/09 war der Pfalzgraf von Heinrich von Limburg (Herzog von Nieder-Lothringen 1101-1106) vor dem König des Hochverrats bezichtigt worden, der ihn darauf vom Bischof von Würzburg inhaftieren ließ. - Siegfried war nach dem Urteil des Chronisten Ekkehard von Aura vir nobilissimus et suo in tempore nulli in omni probitate secundus (MG SS 6, Seite 247). - Siehe zu dem Pfalzgrafen Siegfried auch Hermann Wäschke: Anhaltinische Geschichte. Band 1: Geschichte Anhalts von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters. Cöthen 1912, Seite 73-79.], dann sogar bei der Taufe eines Sohnes des ASKANIERS Gevatter gestanden hatte, ging jetzt daran, die Allodien Ulrichs II. einzuziehen. Es muß allerdings eingeräumt werden, daß Siegfrieds Anspruch auf recht schwachen Füßen stand, da er nur über seine Mutter mit dem ausgestorbenen Grafenhaus verwandt war.
Kaum hatte der Herrscher Sachsen im Sommer 1112 verlassen, erschien der Pfalzgraf im Harzraum, wo sich nicht wenige sächsische Fürsten nach der von ihnen als neuen ungerechten kaiserlichen Eingriff in ihre Angelegenheiten empfundenen Entscheidung des SALIERS gegen diesen verbanden. Auf Siegfrieds Seite traten Herzog Lothar von Sachsen, Rudolf von Stade, der Verwalter der Nordmark, Pfalzgraf Friedrich von Sachsen, Ludwig der Springer von Thüringen, Wiprecht von Groitzsch und Bischof Reinhard von Halberstadt. Hinter ihnen stand Gertrud, die Schwiegermutter des Herzogs und des rheinischen Pfalzgrafen, die als Witwe Heinrichs von Northeim den Rivalen ihres Bruders, Heinrich von Eilenburg aus dem Hause WETTIN geheiratet hatte.
HEINRICH V. handelte rasch. Ende 1112 ließ er den Metropoliten Adalbert verhaften, und zur Jahreswende forderte er von Erfurt aus zum Kampf gegen Siegfried auf. Anfang 1113 nahm er Halberstadt sowie die zwischen Wolfenbüttel und Goslar gelegene bischöflich-halberstädtische Burg Hornburg. Das verhinderten Bischof Reinhard und Pfalzgraf Siegfried nicht, obwohl sie mit ihrem Aufgeboten in der Nähe standen. Nach diesen Erfolgen betraute der Kaiser Graf Hoyer von Mansfeld mit dem weiteren Kampf gegen die Aufrührer und verließ Sachsen. Seinem Feldhauptmann gelang kurz darauf ein neuer Schlag: Am 21. Februar 1113 überfiel Hoyer Siegfried, Ludwig den Springer und Wiprecht, die bei Warnstedt an der Teufelsmauer (nördlich von Thale) eine Zusanmnmenkunft abhielten. Der GROITZSCHER geriet schwer verwundet in Gefangenschaft, während der Graf von Thüringen und der rheinische Pfalzgraf mit knapper Not entkamen. Auch dieser hatte Verletzungen davongetragen, denen er am 9. März erlag.
Auch die beiden unmündigen Söhne Siegfrieds traf es hart: Die Pfalzgrafschaft am Rhein erhielt Gottfried von Calw. Außerdem ließ sich der Kaiser durch ein Fürstengericht die WEIMARER Allode zusprechen. Obendrein wurden Siegfried II. und Wilhelm wohl große Teile der väterlichen Eigengüter vorenthalten.Von Interesse wäre es nun zu wissen, was ihr Oheim Otto von Ballenstedt in dieser Lage unternahm. Versuchte er, die Ansprüche seiner jungen Neffen zu verteidigen oder gar, sie für sich selbst geltend zu machen? Betrachtete er ihre Realisierung als aussichtslos? Zögerte er vielleicht, weil er sich für ein direktes Engagement zu schwach fühlte, abwarten wollte oder mit anderen Dingen befaßt war? Eigentlich dürfte wohl vermutet werden, daß Graf Otto damals alles daran gesetzt hatte, die weimar-orlamündische Besitzungen oder zumindest den Anspruch darauf seinem Hause zu behaupten. Die herrische Politik des letzten SALIERS - der ihn zwar 1112 zum Herzog erhoben, kurz darauf aber wieder fallengelassen hatte - in Sachsen und Thüringen müßte den BALLENSTEDTER in der Tat erbittert und an die Seite der sächsischen Opposition geführt haben. Schließlich deutet Ottos Name unter dem schon genannten Aufruf von etwa 1108 darauf hin, daß der Graf zu den aktiven unter den Fürsten des östlichen Sachsen zu zählen ist.