Einige Gedanken zur Erbschaft Weimar-Orlamünde

Als Ulrich II. von Weimar starb, erhob Pfalzgraf Siegfried Ansprüche auf dessen Erbe. Allgemein wird dies in der Fachliteratur so stehen gelassen, obwohl eigentlich mehrere Personen ähnliche Ansprüche hatten, wobei völlig offenbleiben muß, ob man die sogenannten Ansprüche wirklich als Erbansprüche durchgehen lassen kann.

Reihenfolge der Erben:

I. Als Tochter des Großonkels des Erblassers kam in Frage

Kunigunde von Weimar-Orlamünde, Tochter des Markgrafen Otto I., vertreten durch ihren dritten Gemahl Wiprecht den Älteren von Groitzsch. Sie war die Cousine von Graf Ulrich I. von Weimar, dem Vater Ulrichs II.
Karl-Heinz Lange: Die Grafen von Northeim 950-1144 schreibt "Kunigunde, die sich nach dem Tode ihres zweiten Gemahls im Besitz umfangreicher Herrschaftstitel befand, sah sich genötigt, eine dritte Ehe einzugehen, um sich den Nachstellungen einflußreicher Fürsten zu entziehen. Im Jahre 1110 heiratete die nunmehr 50-jährige Witwe den etwa gleichaltrigen Grafen Wiprecht II. von Groitzsch, einen Sohn Graf Wiprechts I. und Sigenas. Wiprecht war gleichfalls verwitwet, denn seine Gemahlin Judith, eine Tochter Herzog Wratislaws von Böhmen, die ihm die Kinder Wiprecht, Heinrich und Bertha geboren hatte, war am 17. Dezember 1108 gestorben. Es liegt auf der Hand, dass Wiprecht seine zweite Ehe mit der Absicht geschlossen hatte, Kunigunde zu beerben. Es wurde ausdrücklich vereinbart, dass ihr Erbe, falls sie vor ihrem Gemahl stürbe, auf diesen und seine Nachkommen übergehen sollte.Wiprecht starb aber bereits am 22. Mai 1124, und Kunigunde überlebte auch ihren 3. Gemahl. Sie begegnet in den Jahren 1101,1111,1117,1126,1128 und 1133 zumeist in Urkunden des von ihr gegründeten Klosters Oldisleben und ist am 8. Juni 1140 gestorben.

II. Als Enkel und Enkelinnen des Großonkels des Erblassers kamen in Frage

1. Pfalzgraf Siegfried als Sohn der Adelheid von Weimar-Orlamünde, Tochter des Markgrafen Otto I.

2. Otto der Reiche Graf von Ballenstedt als Sohn der Adelheid von Weimar-Orlamünde, Tochter des Markgrafen Otto I. Ruth Gerstner: Die Geschichte der lothringischen und rheinischen Pfalzgrafschaft von ihren Anfängen bis zur Ausbildung des Kurterritoriums Pfalz, Ludwig Röhrscheid Verlag Bonn 1941 (Rheinisches Archiv 40) ist entgegen der üblichen Forschermeinungen der Ansicht, daß Otto beim Aufstand eine ähnliche Rolle wie sein Bruder spielte.

3. Mechthild von Turow als Tochter der Kunigunde von Weimar-Orlamünde aus deren 1. Ehe mit dem Fürsten Jaropolk vonTurow. Sie war vermählt mit Günther I. Graf von Schwarzburg (+ 1109). Daß für Mechthild Erbansprüche geltend gemacht wurden, ist mir nicht bekannt.

4. Adele (* um 1090, + 1123) als Tochter der Kunigunde von Weimar-Orlamünde aus deren 2. Ehe mit Kuno von Beichlingen aus dem Hause NORTHEIM. Sie war in 2. Ehe mit dem Grafen Helferich von Plötzkau (+ 1118) vermählt, dem sie die Söhne Konrad (+ 10.1.1133) und Bernhard (+ 26.10.1147) gebar. Daß für Adele Erbansprüche geltend gemacht wurden, ist mir nicht bekannt.

5. Mathilde (+ nach 1117) als Tochter der Kunigunde von Weimar-Orlamünde aus deren 2. Ehe mit Kuno von Beichlingen aus dem Hause NORTHEIM. Sie war mit Heinrich I. Graf von Zütphen (+ um 1122) vermählt. Daß für Mathilde Erbansprüche geltend gemacht wurden, ist mir nicht bekannt.

6. Liutgard (+ vor 1117) als Tochter der Kunigunde von Weimar-Orlamünde aus deren 2. Ehe mit Kuno von Beichlingen aus dem Hause NORTHEIM. Sie war mit Wilhelm I. Graf von Luxemburg vermählt (* um 1070, + 1130). Daß für Liutgard Erbansprüche geltend gemacht wurden, ist mir nicht bekannt.

7. Kunigunde die Jüngere (* um 1095, + 8.6.1140) als jüngste Tochter der Kunigunde von Weimar-Orlamünde aus deren 2. Ehe mit Kuno von Beichlingen aus dem Hause NORTHEIM. Sie war seit 1110 mit Wiprecht den Jüngeren von Groitzsch (* um 1090, + 27.1.1116/vor 1124) vermählt. Dieser war aktiv an den Kämpfen beteiligt.
Lutz Partenheimer: Albrecht der Bär schreibt auf Seite 216 Anmerkung 168
"Er (A. Tille: Weimar, Seite 56) zählt auch die Eckartsburg (nördlich von Apolda) zu den Reichslehen oder Allodien der WEIMARER: Die Burg gehörte zu den ekkehardinischen Besitzungen, die das 1046 ausgestorbene Geschlecht dem König vermacht ahtte. 1066 befand sich HEINRICH IV. auf der Burg. Ob sie davor oder später an die Weimarer Grafen gelangt ist, bleibt unklar. 1112 hat der Kaiser die Burg nach den Pegauer Annalen (MG SS 16, Seite 251) an den jüngeren Wiprecht von Groitzsch verlehnt. Das könnte allerdings ein Hinweis darauf sein, daß der Monarch die Feste damals als Teil der heimgefallenen Weimarer Reichslehen neu vergab.

III. Als Schwiegervater des letzten Grafen von Weimar-Orlamünde erhob Graf Ludwig der Springer von Thüringen Ansprüche auf das Erbe. Seine Tochter Adelheid war seit 1102 mit Ulrich II. verheiratet gewesen, der sie wegen Ehebruchs verstoßen hatte.

Die besten Erbansprüche hatte also eindeutig Kunigunde von Weimar-Orlamünde. Sie wurde aktiv von ihrem dritten Ehemann vertreten, der zwar ständig als Verwandter des Pfalzgrafen Siegfried genannt wird, aber doch wohl eigene Interessen verfolgt haben dürfte. Warum sollte dieser machtbewußte und besitzgierige ostsächsische Fürst freiwillig zugunsten eines anderen auf etwas verzichten, worauf seine Gemahlin beste Ansprüche besaß. Vielleicht schloß Kunigunde ihre dritte Ehe, um mit Hilfe Wiprechts ihre Ansprüche auf die zu erwartende Weimarer Erbschaft besser durchsetzen zu können. Nach Karl-Heinz Lange sollte Wiprecht seine Gemahlin beerben, falls er sie überlebte. Die Rolle der GROITZSCHER in der Erbauseinandersetzung wird auch durch Lutz Partenheimer beim Besitz der Eckartsburg angedeutet, denn Kunigunde die Jüngere war im selben Grade mit dem Erblasser verwandt wie Pfalzgraf Siegfried. In Warnstedt kamen also die ostsächsischen Fürsten zusammen, die sich berechtigte oder unberechtigte Hoffnungen auf das Weimarer Erbe machten.



Erbschaft Weimar-Orlamünde
 

                                                   Wilhelm II. Graf von Weimar
                                                         + 24.12.1003
 

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                        Poppo I. Markgraf von Istrien                                        Wilhelm III. Graf von Weimar
                               - 13.7. vor 1044                                                           -16.4.1039
 
 
 

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             oder                  Poppo I. Markgraf von Istrien          Otto I. Graf von Weimar         Wilhelm IV.
                                            -13.7. vor 1044                             - Anfang 1067                          - Anfang 1062
 
 

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              Ulrich I. Graf von Weimar                        Adelheid                       Kunigunde                    Oda
                   -6.3.1070
 
 

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             Ulrich II. Graf von Weimar                    Siegfried von Ballenstedt
                 -13.5.1112                                        um 1075-9.3.1113



Erbschaft Weimar-Orlamünde
 

                                                 Otto I. Graf von Weimar-Orlamünde
 

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    Adelheid                                                           Oda                                              Kunigunde
    um 1055-28.3.1100                                      um 1065-   1111                      um 1058- vor 1124
                                                                                                                                   (8.6.1140 Isenburg)
 

  1. oo Adalbert von Ballenstedt                oo Ekbert II. Markgraf von Meißen            1. oo Jaropolk Fürst von Turow
          um 1030- 1076/80                               um 1061-10.7.1090                                       um 1050-22.11.1086 ermordet
 

                                                                                                                           2. oo Kuno Graf von Northeim-Beichlingen
                                                                                                                                           -   1103 ermordet
 

                                                                                                                          3. oo Wiprecht Graf von Groitzsch
                                                                                                                                  um 1050-22.5.1124
 
 

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  Siegfried            Otto     Mechthild            Adele                Mathilde           Liutgard             Kunigunde die Jüngere
                                              -                     - 1123                 -                      -                         -8.6.1140
 

                                   oo Günther I. Graf von Schwarzburg                                                1. oo Wiprecht der Jüngere
                                              - um 1109                                                                                            -27.1.1116



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