Der an der Schenkung des Schluchseebereichs mitbeteiligte
Graf
Otto und sein Sohn Graf
Friedrich scheinen - wie das schon öfter vorgeschlagen wurde
- DIESSEN/ANDECHSER
gewesen zu sein: und zwar ersterer wohl der mehrmals von ca.
1020 bis ca. 1060/62 bezeugte
Graf
Otto I. von Dießen, der Sohn eines zwischen 1003 und ca.
1030 vornehmlich im Bereich um Wasserburg nachzuweisenden Grafen
Friedrich (I.). Graf
Otto I. kann, da kein Todesjahr für ihn überliefert ist,
durchaus bis in die 70-er Jahre des 11. Jahrhunderts gelebt haben . Ihm
werden in der neueren genealogischen Literatur 2 Töchter, Berta und
Beatrix,
als Kinder zugeschrieben , von denen die erste jedoch eher eine Tochter
von Ottos I. Bruder
Friedrich
(II.) gewesen sein dürfte . Ein Friedrich (III.) als Graf
Ottos I. Sohn - wie man dies entsprechend der Schenkungsurkunde
an St. Blasien erwarten könnte - ist in den Andechser bzw. Dießener
frühen Quellen indessen nicht bezeugt, doch ist - da beide Namen Friedrich
und Otto in der Familie geläufig waren - diese Filiation nicht unwahrscheinlich.
Ein Graf Otto mit Sohn Friedrich ist übrigens um 1071/77 auch in einer
anderen Familie nicht nachzuweisen. Beide Grafen als
DIESSEN/ANDECHSER anzusehen, wird aber besonders dadurch
nahegelegt, dass ein zur Dießener Gründerfamilie gehörender
und in das Dießener Nekrolog aufgenommener Graf
Friedrich im Kloster St. Blasien (als Mönch) verstarb bzw.
bestattet wurde . Zudem wurde ein vor 1126 - wahrscheinlich 1109 - verstorbener
Graf Otto, der in der Dießener Tradition als Bruder des Grafen
Bertholds IV., des Gründers von Dießen, gilt, in das
Totenbuch von St. Blasien eingetragen und damit in das St. Blasianische
Gebetsgedenken aufgenommen. Nahe Familienbeziehungen der DIESSEN/ANDECHSER
nach
St. Blasien sind also gegeben. Darüber hinaus rechnete der um 1125
schreibende Verfasser der Genealogia Welforum die DIESSENER
zu den Nachkommen "Kunos von Öhningen", konnte also eine Verbindung
der DIESSEN/ANDECHSER zu diesem Bodenseegebiet
und im Schwarzwald tätigen Herrn damals unangefochten unterstellen.
Es scheint sogar, dass der in St. Blasien (als Mönch) verstorbene
Friedrich
mit
dem Schenker
Graf Friedrich (III.) von 1071/77 identisch sein dürfte .
In dem in St. Blasien begrabenen Grafen
Friedrich den damaligen Domvogt von Regensburg namens Friedrich,
zu sehen - wie auch gelegentlich vorgeschlagen wurde - besteht kein hinreichender
Anlass . Aber gibt es rekonstruierbare Verbindungen oder zumindest mögliche
genealogische Kontaktlinien von den DIESSENER
zu Herzog Konrad von Schwaben? In der Weise, wie sie die WELFEN-Quellen
bei einer Identifizierung Kunos von Öhningen mit Herzog Konrad von
Schwaben nahe legen, bestanden sie gewiss nicht. Denn der im Kapitel II
betrachtete Gedenkeintrag der Familie "Kunos von Öhningen"/ Konrads
von Schwaben kennt ja gar keine Tochter Kunos/Konrads (neben der mit dem
WELFEN
Rudolf verheirateten Ita), die ein entsprechendes Bindeglied zu den
DIESSENERN hätte sein können.
Und die wiederholt als Tochter Kunos/Konrads und Gründerin des Dießener
Chorherrenstiftes angegebene Kunizza/Kunigunde haben wir schon ein
Jahrhundert später - zu 1120 statt zu 1020 - einreihen müssen.
So ist anderes zu erwägen.
Die Verbindung zu Kuno/Konrad von Schwaben wird man sich
wohl so zu erklären haben, dass Graf
Otto I. von Dießen/Andechs eine EPPENSTEINERIN zur Frau hatte,
die ihrerseits über ihre Mutter Beatrix (= Tochter Herzog Hermanns
II. von Schwaben und Gemahlin des Herzogs Adalbero von Kärnten aus
der Familie der EPPENSTEINER) zu den Nachkommen Kunos/Konrads von Schwaben
zählte und somit ihrem Gemahl und Sohn gewisse Ansprüche einbrachte
. Die EPPENSTEINER hatten zu deren Durchsetzung 1019 sogar die bewaffnete
Auseinandersetzung nicht gescheut. - Mit wem Otto
I. von Dießen/Andechs verheiratet war, darüber gibt
es freilich bislang noch keine Erwägungen. Doch sind enge Verwandtschaftsbeziehungen
der EPPENSTEINER und der DIESSENER
in der Forschung durchaus bekannt, wenngleich man sie bisher noch nicht
recht verifizieren konnte. Erklärt man diese mit uns auf diese Weise,
dass Otto I. von Dießen
eine
EPPENSTEINERIN zur Frau hatte, so kann man allerdings nicht weiter annehmen,
(was wir freilich schon als ungesichert und unwahrscheinlich ablehnen mussten),
dass Beatrix,
die 1. der 3 Gemahlinnen des EPPENSTEINERS Herzog Heinrich III. von Kärnten
(+ 1122), eine Tochter des obengenannten Grafen
Otto I. von Dießen/Andechs gewesen sei. Kirchenrechtliche
Bedenken hätten sonst einer Ehe Heinrichs mit Beatrix
allzu
deutlich entgegengestanden. Beatrix
dürfte,
wenn man sie überhaupt unter die DIESSEN/ANDECHSER
einreihen will, wozu aber nach der nunmehr andersartigen Erklärung
der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den EPPENSTEINERN und den
DIESSEN/ANDECHSERN gar kein zwingender
Anlass mehr besteht, wohl eher eine Tochter aus einer der 3 Ehen von Ottos
I. Bruder
Friedrich (II.) gewesen sein. Ihr Name könnte - wenn man ihn
als von den EPPENSTEINERN vermittelt ansehen will - dann denjenigen ihrer
(Groß)-Tante Beatrix, der Gemahlin des Herzogs Adalbero, widerspiegeln.
Aus diesen Beobachtungen ergibt sich mit großer
Wahrscheinlichkeit, dass der an der Schluchseeschenkung beteiligte Graf
Otto und sein Sohn Friedrich
DIESSEN/ANDECHSER
waren und wohl über einen durch Herzog Hermanns II. Tochter
Beatrix vermittelten Anteil am Erbe Kunos/Konrads von Schwaben zu verfügen
hatten. Und gerade diese Sicht ermöglicht es auch - was ihren Sicherheitsgrad
noch erheblich steigert - erstmals zu verstehen, warum denn innerhalb der
Eignergemeinschaft, die 1071/77 das Schluchseegebiet an das Kloster St.
Blasien schenkte, in den beiden
Grafen
Otto und Friedrich
ein
Vater mit seinem Sohn verfügend auftreten konnten, obgleich doch in
einer Erbengruppe, als die die communi voto handelnde Schenkergemeinschaft
angesprochen zu werden pflegt, eigentlich nur gleichrangig Erbende (wie
Geschwister, gleichrangige Neffen etc.), nicht aber einander im selben
Anspruch Nachfolgende (wie Vater und Sohn), erscheinen konnten. (Denn normalerweise
erbt ein Sohn ja erst nach dem Tod seines Vaters; bzw. falls ein Vater
seine Erbhinterlassenschaft schon vor seinem Tode regelt und überträgt,
dann scheidet er selbst als verfügungsberechtigter Eigner seines
bisherigen Besitzes oder Besitzanspruches aus). Das Auftreten von Vater
und Sohn erklärt sich in dieser von uns hier vorgetragenen Sicht,
dass nämlich Graf
Otto I. von Dießen der Gemahl einer EPPENSTEINERIN war, ohne
weiteres: Graf Otto
war nicht der direkte Erbe und konnte nur für seine eppensteinische,
wohl schon verstorbene Frau Anrechte geltend machen, die seinem erst nach
seinem Tod erbnachfolgenden Sohn
Friedrich zukommen mussten. Der Vater erschien beim gemeinsamen
Veräußerungsakt als der Inhaber der Gewähre an dem von
seiner Frau eingebrachten Erbanspruch, der Sohn als der eigentliche und
zukünftige Erbe.
Belege zu seiner Person und seiner Filiation sind zusammengestellt
bei F. Tyroller, Die ältere Genealogie der Andechser. H. Jakobs, Der
Adel, möchte den im Zusammenhang der Schenkung des Schluchseegebietes
genannten Grafen Otto
indessen mit dem Grafen Otto II., einem Neffen des
Grafen Otto I. und Enkel Friedrichs
I. (von Wasserburg) durch Ottos
I. Bruder Graf
Berthold II., gleichsetzen. Für diesen Otto II. hat Tyroller
Belege aus den Jahren zwischen 1060 und ca. 1120 ermittelt. Dass diese
Identifizierung mit den Schluchseeschenkern zutreffen könnte, scheint
mir indessen nicht unmöglich, aber doch recht unwahrscheinlich zu
sein. Da jedoch Graf
Otto bei der Schenkung an St. Blasien in den 70-er Jahren des 11.
Jahrhunderts bereits mit einem erwachsenen Sohn - Friedrich
-,
der auch schon Graf war, auftrat, dürfte er damals schon im fortgeschrittenen
Alter gestanden haben. Und dieser Umstand scheint mehr auf Graf
Otto I. als auf den bis 1120 bezeugten Grafen Otto II. zuzutreffen.
Zudem wird man sich fragen müssen, ob es einen plausiblen Grund dafür
gibt, dass in einer Erbengemeinschaft Vater und Sohn zugleich auftreten,
da doch normalerweise eigentlich nur einer der rechtlich Verfügungsberechtigte
sein kann. Ein solcher Grund lässt sich - wie gleich zu zeigen ist
- für Otto I.,
geltend machen. Wollte man zudem sagen, dass die Schenkung an St. Blasien
(1071/77) zu einer Zeit geschah in der Otto seine Erbaufteilung vornahm
bzw. sein Erbe gerade auf seinen Sohn Friedrich
übertrug,
so kann sich das kaum auf den noch bis ca. 1120, also noch 40-50 Jahre
später bezeugten Grafen Otto II. zutreffen.
Bei K. Trotter sind überhaupt keine Nachkommen dieses
Grafen
Otto I. - nach Trotters Zählung ist es Otto (II.) -, Sohn
Friedrichs
I., verzeichnet.
Tyrollers Argumentation zur Zuschreibung dieser beiden
Töchter geht von der Zeugenreihe des Heiratsvertrages zwischen dem
Freisinger Vicedomnus Adalbert und seiner Frau Berta von ca. 1070-1076
aus. Dieser lautet: Heinrich filius Marchwardi Carinthiensis comitis et
milites eius Odalscalch, Anno, Erchanger, Arnolt comes de Diezan et miles
eius Wolftrigil, Meginhart comes de Gilich er miles eius Magnus, Otto comes
de Daningan et miles eius Reginpreht, Otto comes de Skyrun et miles eius
Reginpreht, Ernust comes.... Es handele sich dabei - wie Tyroller schreibt
- "natürlich um nächste Verwandte der Brautleute, die einigermaßen
sachlich geordnet sind. Eltern kommen nicht in Frage, da der Spitzenzeuge
ein damals junger Mann ist, der erst 1090 Herzog wurde und 1122 starb.
Die Verwandten der Braut werden den Vortritt gehabt haben. Das Erscheinen
der Brüder Arnolt und Meginhart würde demnach nahe legen, dass
die Braut Bertha ihre Schwester war. Aber wir kennen die Namen von Berthas
Söhnen, Adalbert, der offenbar nach dem Vater benannt war, und Otto,
in dem wohl der Name des mütterlichen Großvaters steckt. Es
kann also nicht Friedrich
II. (Vater Arnolts und Meginharts) der Vater der Bertha gewesen
sein, sondern nur (dessen Bruder) Otto
I.; Arnolt und Meginhart waren demnach Berthas Vettern, ebenso
wie Otto von Thanning.
Graf Otto von Scheyern war ein Schwager der Brüder Arnolt und Meginhart.
Der die Zeugenreihe eröffnende EPPENSTEINER Herzog Heinrich III. von
Kärnten stand natürlich der Braut am allernächsten, er wird
der Gatte einer Schwester von ihr gewesen sein". Da Herzog Heinrichs III.
Gattin Beatrix
hieß,
sei also eine Beatrix als Schwester Bertas anzunehmen. (F. Tyroller, Genealogie
des altbayerischen Adels Seite 151). - Diese Argumentation ist wenig überzeugend.
Denn der an 1. Stelle genannte EPPENSTEINER Heinrich III. von Kärnten
konnte ebenso wegen seines herausragenden Ranges (so wie er ja auch gleich
3 Gefolgsleute mit sich hat, die anderen nur einen) unter Verwandten diesen
Platz einnehmen. Dazu sind Graf
Arnolt von Dießen und Graf
Meginhart von Gilching keinesfalls als Brüder oder als Söhne
Graf
Friedrichs II. sicher bezeugt; ihre Zuweisung beruht nur auf dem
Namensargument und auf besitzgeschichtlichen Kombinationen, die indessen
beiden keinen bestimmten Platz in der großen Familie zuweisen. Insofern
konnte ja auch K. Trotter Berta als Schwester Arnolts und Meginharts und
alle zusammen als Kinder eines Meginhart, was aber ganz problematisch ist,
auffassen. Die Grundüberlegung, dass bei diesem Ehe- und Gütervertrag
sicherlich Verwandte zugegen waren und als Zeugen auftraten, ist gewiss
berechtigt; aber deren Gruppierung im einzelnen hatte bestimmt auch etwas
mit ihrem Rang zu tun. Wenn Heinrich als Mitglied des hochrangigen Kärntner
Herzogshauses von EPPENSTEIN und als Anverwandter, dabei aber nicht als
vermuteter Gemahl einer Schwester der Braut, an der Spitze stand, bricht
schon Tyrollers Konstruktion auseinander. Als nächster Verwandter
der Braut bleibt, wenn der hochrangige EPPENSTEINER ausscheidet, dann der
an 2. Stelle stehende
Graf
Arnolt von Dießen. War er ein Bruder Bertas - wie schon Trotter
vermutete -, so müsste Berta auch eine Tochter Graf
Friedrichs (II.) und einer namentlich nicht überlieferten
Tochter des (älteren) Grafen Arnolt von Gilching gewesen sein; doch
soll hiermit einer späteren Untersuchung keinesfalls präjudizierend
vorgegriffen sein. Der danach stehende Graf
Otto von Thaning war ein Verwandter der Wolfratshausener Linie
der
DIESSEN/ANDECHSER.
Deswegen hat auch schon H. Naumann, Schenkung
des Gutes Schluchsee, der den verwandtschaftlichen Hintergrund der Schluchseeschenkung
als "Ganerbenschenkung" sowie ein Auftreten der
ANDECHSER
ablehnt,
zu der Vermutung greifen müssen, es handle sich bei dem comes Otto
et filius eius Fridericus comes des Diploms von 1125 um eine Verschreibung
für comes Otto et filius eius Sigefridus comes, womit er Otto von
Northeim und seinen Sohn Siegfried (III. von Boyneburg) ins Gespräch
bringen konnte.
Fridericus com., sepultus ad S. Blasium
in Nigra Silva; im Dießener Nekrolog von 1204/12 zum 24.1. Ein Zusatz
aus dem 13. Jahrhundert zu dieser Notiz lautet: patruus Bertholdi fundatorii
nostri. - Bestätigend und die Alemannienbeziehungen dieses Mannes
unterstreichend tritt seine Eintragung ins Einsiedelner Jahrzeitbuch zum
Januar hinzu:
Com. Fridericus de Bavaria, MG Necrol. I S. 361;
im Nekrolog von St. Lambrecht (von ca. 1170) findet man
zum 22.1.: Fridericus comes, MG Necrol II S. 312;
im Nekrolog von Seeon (von ca. 1164) steht zum 23.1.:
Fridericus com, MG Necrol. II S. 218;
die Notae necrologiae von Niedermünster in Regensburg
(11./12. Jahrhundert) verzeichnen zum 23.1.: Fridericus com.; MG Necrol.
III S. 290
im Nekrolog von St. Emmeran wurde (vor 1300) zum
25.1. eingetragen: Fridericus comes ex comite m(onachus) Hirsaugensis,
MG Necrol. III S.305. 35 MG Necrol. I S. 29 (Necrologium Diessense zum
3.11.): Otto comes obiit; dazu Hinzufügungen des 13. Jahrhunderts;
frater Bertholdi fundatoris nostri, occius Yringisheim. Ebd. S. 326 (Fragmentum
necrologii St. Blasii zum 1.11.): Otto com. - Identifizierung der beiden
gleichnamigen Grafen bei J. Wollasch, Muri ud St. Blasien, in: DA 17, 1961,
S.428. Zur Datierung der Anlegerhand des St. Blasianer Nekrologfragments,
von der Graf Otto eingetragen ist, vgl. H. Houben, Das Fragment des Necrologs
von St. Blasien, in: Frühmittellaterl. Studien 14, 1980, S. 275. Bei
Yringisheim handelt es sich - nach F. Tyroller, Genealogie des altbayer.
Adels S. 153 - wohl um Jedesheim, wo am 10.1.1109 ein blutiger Kampf zwischen
den Grafen von Bregenz und Hartmut von Kirchberg stattfand.
Diesen in St. Blasien bestatteten Grafen
Friedrich pflegt man gewöhnlich mit jenem Grafen
Friedrich II. gleichzusetzen, von dem oben bei Anmerkung 31 als
Bruder Graf Ottos I.
die
Rede gewesen ist und dessen Bezeugungen kurz vor 1075 aufhören. Deshalb
vermerkt man bei der Behandlung Friedrichs
II. gelegentlich als Abweichung auch nur mehr der Kuriosität
halber, als dass man ihn ernst nimmt, einen freilich erst aus dem 14./15.
Jahrhundert stammenden, aber doch wohl aus einer älteren Vorlage (wie
viele andere auch) geschöpften Zusatz zum älteren Nekrolog von
Seeon, in dem der in St. Blasien bestattete Fridericus comes zum 23.1.
ebenfalls vermerkt ist; zum 30.6. liest man dort: A. 1075 ob. Fridericus
com. de Andechs et hic iacet, MG Necrol. II S. 227. Offensichtlich hat
man hier keine unerklärliche Abweichung, sondern die Einschreibung
von 2 verschiedenen Personen vor sich: und zwar einmal die des Grafen
Friedrich (II.), dessen Bezeugungen gerade kurz vor 1075 aufhören
und der demnach am 30.6.1075 verstarb und in Seeon bestattet wurde, dabei
der Sohn des Grafen
Friedrich (I.) war, und andererseits einen gleichnamigen und etwa
gleichzeitigen (bzw. wohl etwas länger lebenden) Grafen Friedrich
(III.), also den Sohn des Grafen Otto, Schenker an St. Blasien, der dort
auch Mönch wurde und an einem 23. oder 24. Januar eines nicht mehr
feststellbaren Jahres zu Ausgang des 11. Jahrhunderts verstarb und auch
in St. Blasien beerdigt wurde. Dies passt auch viel besser zu der Nachricht
von der hirsauischen Prägung des Mönchslebens des ehemaligen
Grafen Friedrich, da Hirsau ja erst seit 1075 zu blühen und vorbildlich
zu werden begann. Für einen schon 1075 gestorbenen Grafen
Friedrich II. von Dießen/Andechs könnte das kaum in
Frage kommen.
F. Tyroller, Genealogie des altbayrischen Adels S. 149 und ders., Die ältere Genealogie S. 14, hatte die Regensburger Domvögte namens Friedrich erstmals dergestalt mit den DIESSEN/ANDECHSERN in Verbindung gebracht, dass er den von 1035 bis ca. 1060 bezeugten Regensburger Domvogt Friedrich mit dem oben schon mehrmals genannten Grafen Friedrich (II.), Bruder des Grafen Otto I. von Dießen, gleichsetzte, das heißt als personengleich erklärte. Dem hat H. Jakobs zu Recht widersprochen, indem er die verschiedenen Friedrich-Belege als nicht aufeinander beziehbar aufzeigte. Jakobs äußerte dabei aber auch die Meinung, "dass der Domvogt unter den Friedrichen" es war, der "in St. Blasien sein Grab gefunden hat". Für diese Kombination spreche einerseits "die Streuung der Totenbücher, die des in St. Blasien als Mönch gestorbenen Friedrich gedenken", dann die Nennung des in St. Blasien Bestatteten als de Bavaria in Einsiedeln, die auf den Domvogt insofern zutreffe, als er ein Enkel einer EBERSBERGERIN gewesen sei und die EBERSBERGER sonst in Einsiedeln als de Bavaria bezeichnet wurden; und schließlich seien Nachfahren des Regensburger Domvogtes Friedrich in andauernder Beziehung mit St. Blasien nachzuweisen: des Domvogtes Tochter oder Schwiegertochter Liutgard von Windberg sei "nach dem Tode ihres Gatten Nonne in der Sanblasianer Filiale Berau" geworden, deren Sohn, also des Domvogtes Enkel, Berthold sei sogar von "1125-1141 Abt des Reformklosters" St. Blasien gewesen, und des letzteren Neffe, Graf Adalbert II. von Bogen, sei als Mönch in St. Blasien gestorben, "nachdem er 1140 in einem Gefecht vor der Burg Valley" (am Oberlauf der bayerischen Mangfall) schwer verwundet worden war. - Diese Argumente sind aber keineswegs stichhaltig. Die Nachrichtenstreuung spricht keinesfalls für ein Regensburger Ausgangszentrum und kann anderweitig besser erklärt werden: Zwischen Einsiedeln und St. Blasien herrschten enge reformklösterliche Beziehungen; St. Lambrecht war eine Gründung der EPPENSTEINER und dadurch genauso mit Dießen in Kontakt wie mit Regensburg; ja der 1. Abt dieses Klosters kam sogar aus St. Blasien, und die Gründungsabhängigkeit schlägt sich noch in den vielen Einträgen Sanblasianer Äbte und Mönche im St. Lambrechter Nekrolog nieder. Dass ein Sanblasianer Mönch auch als ein Hirsauer erscheinen konnte, dürfte mit der Klosterverbrüderung zwischen Hirsau und St. Blasien zusammenhängen. Außer acht gelassen ist von Jakobs aber vor allem das Faktum, dass man in Dießen den in St. Blasien bestatteten Grafen Friedrich als einen DIESSENER betrachtete und ihn als Onkel oder Großonkel (patruus) des Kloster-Gründers ansah! Man setzte ja noch im 13. Jahrhundert zu der oben Anmerkung 34 zitierten Notiz über den Tod des Grafen Friedrich und seine Bestattung in St. Blasien die Erläuterung hinzu: patruus Berchtoldi fundatoris nostri. Dazu ist die genealogische Konstruktion von Jakobs, die den Regensburger Domvogt zum Enkel einer EBERSBERGERIN macht, bezweifelt worden, ja es konnte gezeigt werden, dass die Angaben zur Fortdauer der Beziehungen der Grafen von Bogen-Windberg nach St. Blasien auf falschen Voraussetzungen beruhen: "die WINDBERGERIN Liutgard verbrachte ihren Lebensabend in der St. Blasianer Zelle Berau nicht als Tochter oder Schwiegertochter des Domvogts, sondern weil sie aus Württemberg stammte; ihr Sohn Berthold war nicht Abt von St. Blasien; ihr Enkel Adalbert II. suchte nach seiner tödlichen Verwundung allenfalls wegen seiner Großmutter Liutgard Aufnahme in St. Blasien". Damit dürfte die ganze Argumentation von Jakobs ad acta zu legen sein.
Dass Beatrix ihrem Gemahl und dadurch auch ihren Nachkommen
Anteilsansprüche am Erbe Herzog Hermanns II. von Schwaben, ihres Vaters,
einbrachte, erkennt man besonders an der Geschichte des zum Marchtaler
Erbkomplexes gehörenden Ortes Daugendorf.