Berthold                                                    Graf der Ostbaar seit 820
------------
    -29.7. nach 826
 

Sohn desMarkgrafen Chadaloh von Friaul
 

Graf Berthold bestätigt 826 für sein und seines Vaters Chadaloh Seelenheil die Schenkung des Pertoldus und seiner Gattin Kersinda, der Großeltern, wie wir wissen.
Seine Nachkommen waren bis 973 in Schwaben von großem Einfluß.

Borgolte Michael: Seite 76-78
***************
"Die Grafen Alemanniens"

BERTOLD (III)
---------------------
(* 817 XI 17,

Bereich der Alaholfsbaar 820 I 11, 826 VIII 2)

Belege mit comes-Titel:
-----------------------------
W I Nrn. 245,302 (dazu Clavadetscher-Staerkle, Dorsualnotizen 72f.), ? Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau 99B1

Belege ohne comes-Titel:
-------------------------------
W I Nr. 228, Necrologium monasterii Sancti Galli 478 (= St. Galler Totenbuch 63) ad 29.7.

Literatur:
------------
Stälin, Geschichte I 331 - Meyer von Knonau, Die angeseheneren Urheber 233 A. 44,234 f. - Baumann, Gaugrafschaften 60, 70 - Bauer, Gau und Grafschaft 76 A. 140 - Jänichen, Baar und Huntari 108, 111f., Tafel 2: "Die Bertholde" und Tafel: "Die Grafen der Baaren" im Anhang - Tellenbach, Der großfränkische Adel 53f. - Baumhauer, Monasterium Sancti Petri 18,22-24 - Hlawitschka, Franken in Oberitalien 165 A. 6 - Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap. V.4 - Ders., Alaholfingerurkunden, bei AA. 100,121,146

Mit dem Vermerk sub Berahtolti comite schließt eine St. Galler Urkunde, die von Wago regnante domno Hludouuico rege anno VI in Emerkingen ausgestellt wurde und der zufolge das Kloster Güter in uilla, que dicitur Uuanga, erhalten hatte (W I Nr. 245). Um die Identität und den Wirkungskreis Bertolts bestimmen zu können, müssen eingehend die Orts- und Zeitangaben der Urkunde untersucht werden. Die villa Uuanga gehörte nach der dorsual vermerkten Kapitelzahl zum Nibelgau oder angrenzenden Landschaften (Nachweise s. Borgolte, Kommentar: zu Nr. 245). Wengen (im heutigen Landkreis Ravensburg) oder Wangen (im Allgäu), die demnach für die Identifikation mit dem Ort in Betracht kommen, sind allerdings erheblich von dem Actumort entfernt, der in der Umgebung von Munderkingen an der Donau liegt. Bereits 805 waren aber Emerkingen und Uuangas zusammen in einer carta genannt worden, die Wago und Chadalohl  filii Perabtoldi comitis, ausgestellt hatten (W I Nr. 186). Das, quod Uuago habet in Heidcauuue et in Antarmarbingas, war 805 ausdrücklich von der Tradition an St. Gallen ausgenommen worden. Wenn Wago in Emerkingen und Haidgau über Besitz verfügte, darf das Haidgau benachbarte Wengen mit Uuangas gleichgesetzt werden. Der Wago, der im 6. Jahr "König" LUDWIGS Güter in Uuanga an St. Gallen gab, muß mit dem Bruder Chadalohs mindestens verwandt, wenn nicht identisch gewesen sein, so dass auch Uuanga als Wengen bestimmt werden kann. In Lokalisierungsformeln der Urkunde 186 werden die zahlreich genannten Güterorte in der Folcholtsbaar beziehungsweise in der Alaholfsbaar lokalisiert (Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 130). Bertold ist deshalb nicht als Graf des Nibelgaus, sondern als Graf im Bereich der Alaholsbaar anzusehen; die Überlieferung dieses Gebietes läßt allerdings nicht zu, Bertold aufgrund der St. Galler Urkunde 245 einen bestimmten Sprengel zuzuweisen (Borgolte, loc. cit., 166f.). Die Annahme Baumanns, Bertold sei Amtswalter eines als Grafschaft aufgefaßten Haistergaus (Gaugrafschaften 60) und - wegen des Actumortes - zuständig in der Ruadolteshuntare gewesen (ebd. 70; vgl. Meyer von Knonau 233 A. 44), ist nicht erweisbar (zur Frage einer räumlichen Trennung von Alaholfsbaar und Haistergau siehe aber Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 179).
Das Datum der Urkunde 245 ist aus Wochentag, Kalenderdatum und Herrscherjahr zusammengesetzt. Nach den in St. Galler Urkunden nachgewiesenen Epochen Ludwigs des Deutschen stehen die  3 Zeitrechnungselemente miteinander in Widerspruch. Bei Annahme eines Schreibfehlers im Kalenderdatum (III. statt richtigem VI. id. ian.) ergibt sich nach der sogenannten "Indiktionsepoche" der 8.1. 839. Andererseits passen die Zeitangaben zusammen, wenn man als den genannten Herrscher LUDWIG DEN FROMMEN ansieht und vom Tod KARLS DES GROSSEN an rechnet. Der rex-Titel steht einer solchen Auflösung nicht entgegen, da er im St. Galler Material auch sonst für LUDWIG DEN FROMMEN belegt ist (Borgolte, Chronol. Stud. 167). Das bereits von Wartmann vorgeschlagene Datum des 11. Januar 820 läßt sich mit der Belegreihe des Schreibers Wolfcoz ebenfalls vereinbaren (Borgolte, Chronol. Stud. 173). So verdient die Reduktion nach der Epoche LUDWIGS DES FROMMEN zweifellos den Vorzug.
Bis vor wenigen Jahren hat man Bertold unbedenklich mit einem Pertoldus comis gleichgesetzt, der im August 826 die Tradition eines Bertold und einer Gersinda für deren Seelenheil erneuerte und seinen Akt gleichzeitig pro anima mea seu et genitoris mei Chadaloh motivierte (W I Nr. 302). Die Angabe über den Vater des Grafen, die Namen der früheren Tradenten und die im einzelnen genannten Ortschaften mit Traditionsgut stellen sicher, dass Bertold der Sohn des Grafen Chadaloh (I) und der Enkel eines älteren Grafen Bertold (II) war.Chadaloh ist zugleich der oben erwähnte Bruder des Wago von 805 gewesen. Bereits 817 war Bertold einmal genannt worden, als Chadaloh zahlreiche Liegenschaften an St. Gallen gab und gegen Zins zurückerhielt. Nach dem Tod des Vaters sollte Bertold das Recht haben, die Güter bei den vereinbarten Abgaben zu nutzen, usque dum ad tempus peruenerit, quo legitima coniugii conubia subire decreuerit (W I Nr. 228). Im Falle der Heirat sollten bestimmte Tradita von Bertold zur Ausstattung seiner Gemahlin zurückerworben werden können; andere Güter hatte Chadaloh zum Rückkauf bei Geburt eines legitimen Erben Bertolds vorgesehen. Während Bertold 817 also noch unverheiratet gewesen ist, scheint er 805 noch gar nicht gelebt zu haben. Wie nämlich Baumhauer zeigen konnte, hat Chadalohnach seiner mit Wago ausgestellten Urkunde aus diesem Jahr noch keine Söhne von einer legitimen Ehefrau gehabt (et si nos absquie filiis, qui de legittima uxore nobis nati fuerint, de ac luce migrauerimus, tunc omnia, que supra memorauimus, absque omni cuislibet contradictione ad ipsum monasterium reuertantur perpetualiter ad possedendum). Daraus hat Baumhauer (22f.) gefolgert, Bertold könne wegen seines Lebensalters noch nicht der in W I Nr. 245 (von 820) genannte Graf gewesen sein.
Als Chadalohs Sohn war Bertold Mitglied des Geschlechts der ALAHOLFINGER oder BERTOLDE (s. zuletzt Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, und Art. Agylolf); in diesem war die Grafenwürde seit langem erblich. Die Vater-Sohnes-Folge ist von Bertolds Großvater Bertold (II) auf Chadaloh (I) und von diesem auf Bertold selbst bezeugt. Chadaloh (I)war wohl 819, wahrscheinlich im Juli, verstorben, So dass sich bereits damals die Nachfolgefrage gestellt hat. Da Bertold im Jahr 820 mündig geworden sein könnte (Borgolte, Alaholfingerurkunden, bei A. 156) und im Bereich der Alaholfsbaar mit der Unterstützung seiner Verwandten rechnen konnte, spricht nichts Entscheidendes gegen die Annahme der älteren Forschung, der Sohn Chadalohs sei mit dem am 11.1.820 belegten Grafen identisch gewesen; ich schließe mich deshalb dem Urteil Baumhauers nicht an.
Der Grafentitel bei den ALAHOLFINGERN, der gewiß mit der ausgedehnten Grundherrschaft des Geschlechts an der oberen Donau verknüpft war, dürfte durch die Weitergabe in derselben Familie dem Königtum kaum zugänglich gewesen sein. Chadaloh (I) hat sich dementsprechend 817 als diuina opitulante clementia comis bezeichnet und den Bereich seiner Güter comitatus genannt. Andererseits sind in der Alaholfsbaar seit der Wende zum 9. Jahrhundert durch die sub N. comite-Formel der St. Galler Urkunden Grafen bezeugt, die nicht als ALAHOLFINGER betrachtet werden können; in Chadalohs Urkunde werden sogar 3 comites vermerkt. Wahrscheinlich muß man diese, wie ihre Vorgänger und Nachfolger, als königliche Amtswalter betrachten (s. Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 165). Wenn Bertolt, der SohnChadalohs, wie ich annehme, mit dem Bertolt von 820 identisch war, könnte er die Eigenschaften der beiden Grafentypen auf sich vereinigt haben. Die Urkunde von 817 zeigt, wie Chadaloh (I) seine Nachfolge in der Grundherrschaft vorbereitet hat. 826 hat Bertolt in der von ihm ausgestellten carta die Intitulatio seines Vaters von 817 übernommen. Obwohl er seine Stellung also auf die Gnade Gottes zurückführte, hat er als der in der Grafenformel von 820 genannte comes vielleicht eine Geltung erlangt, die über die angestammte Adelsherrschaft hinausging (s. Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 167).
In einem Necrolog des Klosters St. Gallen ist zum 29. Juli Perehtoldus filius Chadalohinotiert (Necrologium monasterii Sancti Galli 478); die Filiationsangabe deutet auf Bertold hin (so Tellenbach 54 A. 72 und jetzt Rappmann, Die älteren necrologischen Aufzeichnungen). Unter den NOMINA AMICORUM UIUENTIUM des Reichenauer Verbrüderungsbuches steht unter den Nachträgen der zweiten Seite ein Berahctoldus com(es) (99B1), der mit Bertolt, Bertold (IV) oder Bertold (V) identisch gewesen sein  kann.
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Literatur:
------------
Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986 Seite 44,71,74,76-78,88-90,95,298 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984 Seite 164-168,179,183,238 - Rappmann Roland/ Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 453,459,466,468,480,510 -