Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 263
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Alaholfinger
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Bedeutende Adelssippe der KAROLINGER-Zeit, die besonders im schwäbischen Baar-Raum (Oberdonau-Neckar) begütert war und dort vornehmlich Grafen stellte. Mitte des 8. Jahrhunderts gründeten die ALAHOLFINGER das Eigenkloster (Ober-)Marchtal, das 776 St. Gallen unterstellt wurde. Diese Stifterfamilie, deren Haupt ein Halalolf war, stellt die eigentlichen ALAHOLFINGER dar, die offensichtlich mit dem schwäbischen Herzogshaus, mit den AGILOLFINGERN und den GEROLDEN eng verwandt waren. Unter ihren Nachkommen begegnet vornehmlich der Leitname Berthold (daher auch BERTHOLDE genannt). Die Macht der ALAHOLFINGER wird sichtbar in der Tatsache, dass sie nicht nur in Schwaben, sondern auch in Bayern, Ostfranken und Italien beteudende Amtsträger stellten (unter anderem Markgrafen von Friaul, Grafen von Verona). Unter Kaiser KARL III. wird ein Berthold schwäbischer Pfalzgraf, der den Kaiser 880 und 883 nach Italien begleitet. Seine Söhne, die Kammerboten Pfalzgraf Erchanger und Graf Berthold werden 916 von König KONRAD I. hingerichtet. Beide hatten nach der Herzogsmacht in Alemannien gestrebt. In der Baar-Landschaft konnten die ALAHOLFINGER-BERTHOLDE erstaunlicherweise auch über die Katastrophe von 916 ihren mächtigen Besitz halten bis zum Tod des letzten Grafen Berthold 973.
Literatur:
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H. Jähnichen, Baar und Huntari (Grundfragen der
alem. Gesch. [Vortr. und Forsch. I], 1955, 83ff. - K. Schmid, Kgtm., Adel
und Kl. zw. Bodensee und Schwarzwald (Stud. und Vorarb. zur Gesch. des
großfrk. und frühdt. Adels, hg. G. Tellenbach, 1957), 252ff.
- O. Baumhauer, Das monasterium sancti Petri in Marchthal und die Familien
im Raum der Ostbaar. Ein Beitr. zur Gesch. Alemanniens in der 2. Hälfte
des 8. Jh. [Diss. masch., Freiburg/Br. 1949].
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Wenskus Reinhard:
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"Sächsischer Stammesadel und fränkischer Reichsadel"
Es ist vor allem das Gebiet der Baaren, das uns als Herrschaftsraum
der alemannischen ALAHOLFINGER
entgegentritt. Ein Teil dieses Baarenraumes heißt aber
gerade Albuinsbaar, die sich zum Teil mit der Alaulfisbaar überschneidet,
die in ihrem Namen den
Alaholfs enthält. Ob dieser mit dem
Halaholfus identisch war, der als Ahnherr der "BERTHOLDE"gilt,
bleibe dahingestellt.
In die gleiche Richtung weist der "Leitname" der baarischen
AGILOLFINGER
(ALAHOLFINGER),
Berthold, dessen
-wald-Namen in den des westlichen Teils der Baar (Perahtoltespara 763 und
östlich, Bertoldesbara 786) eingegangen ist. Der 1. Namensträger,
der mit alemannischen Angelegenheiten in Verbindung gebracht werden kann,
ist jener Bertoaldus genere Francos, der 603 Hausmeier Theuderichs von
Burgund wurde, der jedoch schon im darauf folgenden Jahr den Ränken
des Günstlings der
Brunechilde,
Protadius, zum Opfer fiel. Aus der Tatsache, dass es gerade der Alemannenherzog
Uncelen war, der ihn rächte, ergibt sich schon ein Anhalt dafür,
dass hier eine persönliche Beziehung vorauszusetzen ist. Wie sie beschaffen
war, bleibt dunkel. Als eine unter mehreren Möglichkeiten bietet sich
die Vermutung an, dass Bertoald ein Verwandter Herzog Garivalds gewesen
ist, der mit einem Teil seiner Familie im elsässisch-lothringischen
Raum mit dem alemannischen Kreis der Uncelen/ Buccelen-Familie eine Verbindung
einging, die sich später im "Weißenburger" Kreis manifestierte.
Eine andere Frage ist es dann wieder, ob die ALAHOLFINGER
(BERTHOLDE) Nachkommen des Gotfridischen Hauses waren oder ob
sie AGILOLFINGER im Mannesstamm gewesen
sind. Auch zu diesem Problem lassen sich von unserem Ansatz aus nur Vermutungen
äußern, die auf der Zuordnung Gerolds, des Schwiegervaters KARLS
DES GROSSEN, beruhen.
Ziemlich sicher können die BERTHOLDE/ALAHOLFINGER
nicht von Herzog Gotfried abstammen, da sonst eine Ehe Gerolds mit Imma
unmöglich gewesen wäre. Ebenso wahrscheinlich aber ist es, dass
sowohl die BERTHOLDE wie die Familie
Herzog Gotfrieds neben fränkischem auch altalemannisches Traditionsgut
in ihren Namen weitergaben, wozu bei den BERTHOLDEN
noch eine wülfingische und bei den GOTFRIDINGEN eine burgundisch-nibelungische
Komponenete hinzutrat.
Die ALAHOLFINGER waren vermutlich eine Seitenlinie der AGILOLFINGER.
Stälin Paul Friedrich: Seite 383-385
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"Geschichte Württembergs"
Die Familie, aus welcher wenigstens in der späteren
MEROWINGER-Zeit
von Herzog Gotefrid (+ 708 oder 709) an mehrere schwäbische Volksherzoge
hervorgegangen sind, lebte auch nach dem Sturze jenes Volksherzogtums um
die Mitte des 8. Jahrhunderts noch fort in den BERCHTOLDEN
oder ALAHOLFINGERN, wie dieser jüngere
Zweig des Geschlechts in neuerer Zeit auf Grund des in ihm häufigen,
schon für das alte Herzogtum selbst bezeugten Namens Berchtold,
oder aber nach dem ältesten uns bekannten Glied desselben, Halaholf,
genannt wird. Angehörige dieses Geschlechts begegnen uns vom Schluß
des 8. bis gegen das Ende des 10. Jahrhunderts urkundlich als Verwalter
des Grafenamts wie namentlich im Apphagau so überhaupt in den meisten
der Gaue und Huntaren, welche aus den zwei großen Baren, der Albuins-
oder Folcholts- und der Berchtoldsbar, hervorgegangen sind, deren Zersplitterung
gerade vielleicht mit dem Sturze jenes Herzogtums zusammenhängt. Der
sehr bedeutende allodiale Besitz des Geschlechts tritt uns besonders aus
ansehnlichen Schenkungen von Mitgliedern desselben an St. Gallen und wohl
auch Reichenau entgegen: er erstreckte sich vorzugsweise auf die obere
Donau- und Neckargegend, die längs dieser Flüsse sich ausdehnenden
Rauhe Alb, sowie noch ziemlich weit südlich von der Donau nach Ober-Schwaben
hinein, somit auf die Oberämter Ehingen, Riedlingen, Münsingen,
Balingen; Spaichingen, Rottweil, Oberndorf, Waldsee, das angrenzende heutzutage
badische und hohenzollerische Gebiet, aber auch bereits auf dem Breisgau.
Zur Familie gehörten höchstwahrscheinlich Halaholf mit
seiner Gattin Hitta um die Mitte des 8. Jahrhunderts, Gründer
der auch von ihren Nachkommen wieder reichlich bedachten Familienstiftung
Kloster Marchthal; Bischof Egino von Verona (+
802); einige schwäbische Pfalzgrafen in der 2. Hälfte
des 9. Jahrhunderts; die in Lied und Sage gefeierten sogenannten
Kammerboten Erchanger und Berchtold + 917; der in der Empörung
Herzog Liudolfs von Schwaben bereits
erwähnte
Graf Adalbert,
Berchtolds Sohn, welcher seinen
Sieg vom 6. Februar 954 mit dem Leben bezahlte.Adalbert wird von
Hermann von Reichenau Graf von Marchthal genannt, somit nach der Burg,
welche den Geschichtsquellen des Klosters Marchthal aus dem 13. Jahrhundert
zufolge, die sich hierfür auf eine sehr alte Quelle berufen, dereinst
der erbliche Sitz der schwäbischen Herzöge gewesen wäre.
Das Geschlecht, oder wenigstens sein Hauptstamm, dürfte gegen Ende
des 10. Jahrhunderts mit einem Berchtolderloschen sein, vielleicht
jenem Berchtold, welchen allerdings erst ein Schriftsteller vom
Ende des 15. Jahrhunderts, Gall Öheim, übrigens wohl auf Grund
älterer Überlieferung, als den im Jahre 973 in der Erasmuskapelle
des Klosters Reichenau begrabenen Wohltäter dieses Klosters (Herzog
Berchtold von Schwaben) aufführt. Sein Erbe mag vielleicht - freilich
in nicht bekannter Weise - durch Vermittlung der Gerberga,
Tochter
König Konrads von Burgund und
Gemahlin Herzog Hermanns II. von Schwaben, an die damalige schwäbische
Herzogslinie, insbesondere Herzog Hermann, gekommen sein, von letzterem
Herzoge und seinem Sohne Herzog Hermann III. (+ 1012) an das salische
Geschlecht, so namentlich an die Nachkommen der ältesten Tochter Hermanns
II.,
Gisela und ihres Gemahls, Kaiser
KONRADS II., in späterer Zeit als Erben beziehungsweise
Miterben der drei salischen Kaiser HEINRICH
an Herzog Rudolf von Schwaben und die
STAUFER,
teilweise vielleicht aber auch an die zweite Tochter Hermanns, Mathilde,
die Gemahlin des SALIERS Konrads des
Jüngeren, Herzog von Kärnten.