Über die Möglichkeit
von Zeitreisen
§ 1. Ein Lichtjahr ist
diejenige Entfernung eines kosmischen Objekts, für die das Licht
genau 1 Jahr brauchen würde, um es zu erreichen, d.h.
, wobei
c die Vakuumlichtgeschwindigkeit ist und a die Einheit 1 Jahr.
Die Zeit
, die ein Raumschiff
benötigt, um ein Ziel im All zu erreichen, berechnet sich für
einen auf der Erde zurückgebliebenen Beobachter nach folgender
Formel:
,
wobei d die von der Erde (in Lichtjahren)
gemessene Entfernung zum Ziel ist (Fixstern, Galaxie) und v die
absolute Reisegeschwindigkeit des sich gleichförmig bewegenden
Raumschiffs im erdfesten Bezugssystem.
Beispiel: Für ein 10 Lichtjahre entferntes
Objekt, das mit 99,5 % der Lichtgeschwindigkeit erreicht werden
soll, gilt
,
.
sei die Zeit im bewegten System, also im Raumschiff.
Die Zeitdauer der Reise, die der ruhende Beobachter auf der Erde
mißt, ist mit der Eigenzeit
durch den Faktor der
"Zeitverlangsamung" verknüpft:
,
was nach
aufgelöst den
Zusammenhang
ergibt. Somit sind die Reisenden bei einer
angenommenen Zeitdilatation von 10 (genauer Wert
)
unterwegs. Bei einer Geschwindigkeit von 99,995 %
der Lichtgeschwindigkeit beträgt der Faktor der Zeitdilatation
und
damit die Reisezeit für den bewegten Beobachter
,
also etwa 36 Tage. Bei dieser Geschwindigkeit
wäre selbst ein 100 Lichtjahre entferntes Objekt in nur einem
Jahr zu erreichen. Da der Ausdruck unter der Wurzel gegen Null
geht und damit der Faktor der Zeitdilatation gegen Unendlich,
geht schließlich auch die Reisedauer gegen Null, d.h. nach den
Formeln der speziellen Relativitätstheorie kann das gesamte
Weltall unabhängig von seiner Ausdehnung in unendlich kurzer
Zeit durchquert werden, wenn nur die Geschwindigkeit des
Raumschiffs nahe genug bei der Lichtgeschwindigkeit liegt.
Wer sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, für
den hört die Zeit auf und steht still, er altert nicht mehr,
sondern lebt ewig, er kann an jedem Ort des Universums
gleichzeitig sein, er ist im wahrsten Sinne des Wortes
allgegenwärtig und unsterblich. Diese Erkenntnisse sind den
Aussagen der speziellen Relativitätstheorie entnommen, und wenn
die Bibel sagt, Gott sei das Licht, dann beschreibt sie ihn
durchaus richtig.
§ 2. Nun kann ein Raumfahrzeug nicht gleich
mit seiner endgültigen Reisegeschwindigkeit losfliegen, sondern
es muß durch Beschleunigung erst auf diese Geschwindigkeit
gebracht werden. Um eine beliebige Geschwindigkeit v zu
erreichen, ist im System des irdischen Betrachters die Zeit
nötig (wobei wir für v/c die geläufige Abkürzung verwendet
haben). Darin ist a der Wert der konstanten Beschleunigung in m/s2.
(Die Erdbeschleunigung wird mit 10 m/s2 angenommen.)
Während der Beschleunigungsphase wird der Weg
zurückgelegt. In irdischen Dimensionen gedacht besteht eine
galaktische Reise aus einem Beschleunigungs- und einem Bremsweg
und dazwischen aus einem Streckenabschnitt, der mit
gleichförmiger Geschwindigkeit zurückgelegt wird. Was aber
läge daran, den Beschleunigungs- und Bremsweg gerade so zu
wählen, daß die Zeit, in der sich das Raumschiff mit konstanter
Geschwindigkeit bewegt, gegen Null geht, also Brems- und
Beschleunigungsstrecke nahtlos ineinander übergehen? Dann
müßte gelten: s = d/2, d.h. die Beschleunigungsstrecke
entspräche gerade der halben Entfernung zum Fixstern. Dies wäre
genau dann der Fall, wenn
ist. Da das Raumschiff mit Ankunft auf einem mehrere
Lichtjahre entfernten Stern wieder bis auf Null abgebremst, d.h.,
sich in Ruhe befinden soll, sind, wenn man die Wege für
Beschleunigen und Abbremsen gleich lang wählt, von der Distanz d
zum Fixstern zweimal die Beschleunigungsstrecken s abzuziehen.
Die Zeit, die das Raumschiff auf dem Hinweg mit konstanter
Geschwindigkeit v unterwegs ist, ist also
,
so daß sich für die gesamte Reisedauer eine Zeit
ergibt.
Im System des Kosmonauten beträgt die Zeit, um die
Reisegeschwindigkeit v zu erreichen
,
wobei t die Zeit ist, die der erdfeste Beobachter feststellt.
Auf dem Teilabschnitt, der mit konstanter Geschwindigkeit
zurückgelegt werden muß, vergeht aufgrund der Zeitdilatation
für die einfache Strecke die Zeit
,
so daß wir für den gesamten Hin- und Rückweg im bewegten
System eine kürzere Reisedauer messen:
.
Setzen wir nun noch den optimalen Wert für beta ein, so
erhalten wir schließlich
.
Für die Reise zu dem uns am nächsten liegenden Fixstern
a -Centauri, der 4,2 Lichtjahre von der Erde
entfernt ist, und zurück würde ein Raumschiff, das mit 10facher
Gravitationsbeschleunigung auf die 0,999fache
Lichtgeschwindigkeit gebracht werden soll, die es nach irdischen
Maßstäben erst nach 2,2 Jahren erreicht, 8,78 Jahre benötigen.
Der an Bord befindliche Kosmonaut hätte die Endgeschwindigkeit,
unabhängig davon, ob er die Beschleunigung aushält, bereits
nach 0,365 Jahren erreicht, also nach etwa viereinhalb Monaten.
Die gesamte Reise hin und zurück würde für ihn 1,46 Jahre
dauern, also etwa eineinhalb Jahre anstatt 8 Jahre und 10 Monate.
Mit der hundertfachen Erdbeschleunigung, wobei das Raumfahrzeug
allerdings auf die 0,99999fache Lichtgeschwindigkeit beschleunigt
werden müßte, beträgt die Reisezeit für den Kosmonauten nur
noch 0,232 Jahre (d.h. 2 Monate und 23 Tage), während der
irdische Beobachter das Fahrzeug erst nach knapp 8 Jahren und 6
Monaten zurückerwarten dürfte, sich die Wartezeit für ihn
gegenüber den Verhältnissen mit 10facher Erdbeschleunigung also
nicht erheblich verkürzt.
Mit der gleichen 100fachen Erdbeschleunigung kann durchaus
auch ein 100 Lichtjahre entferntes Objekt in für irdische
Verhältnisse vertretbarer Zeit angesteuert werden. Mit Erreichen
der 0,99999998fachen Lichtgeschwindigkeit ist ein Kosmonaut
lediglich 4 Monate und 7 Tage unterwegs, bis er wieder auf der
Erde zurück ist, seinen dortigen Aufenthalt, der genauso lange
dauern würde wie auf der Erde, nicht eingerechnet. Dabei wird er
von den Zurückgebliebenen, die er vor wenigen Monaten verlassen
hat, allerdings nur mehr wenige am Leben antreffen, denn auf der
Erde sind inzwischen mehr als 200 Jahre vergangen.
Zeitreisen machen - vorausgesetzt daß der Mensch nicht
irgendwann die Unsterblichkeit erlangt -, wenn überhaupt, nur
dann einen Sinn, wenn alle Erdbewohner gleichzeitig verreisen und
zur verabredeten Zeit auch möglichst gleichaltrig auf der Erde
wiedereintreffen, da sie sich sonst in Raum und Zeit verlieren.
Es könnte nämlich der Sohn, sofern er auf der Erde
zurückbleibt, älter als der Vater geworden sein, wohingegen
letzterer, da er mit dem Licht gereist ist, in der Zwischenzeit
nicht wesentlich älter geworden ist. Dennoch hätte der ältere
Sohn den jüngeren Vater niemals zeugen können, denn die
Kausalität läßt sich durch die Relativität von Raum und Zeit
nicht umkehren!